1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Im Rausch der Farbe

Ausstellung Im Rausch der Farbe

Auf Schloss Wernigerode wird der Künstler Otmar Alt mit einer Ausstellung geehrt.

Von Grit Warnat 05.12.2015, 00:01

Wernigerode l Es ist ein wahrer Farbenrausch. Otmar Alt, 1940 in Wernigerode geboren, steht für intensive Farbigkeit und figurative Formen, Kontraste, puzzleartige Kombinationen. Seine Kunst, Gemälde wie Plastiken, sind wahre Metamorphosen, außergewöhnliche Bildwelten, ein ganz eigener Kosmos. Er ist ein Erzähler und ein Gestalter.

Jetzt kehrt er mit einer bunten Ausstellung in seine Geburtsstadt zurück. Die Retrospektive im Schloss, so sagte Schloss-Geschäftsführer Christian Juranek am Donnerstag zur feierlichen Eröffnung, sei eine Hommage an Alts Werk und damit auch eine Hommage an den Menschen. „Otmar Alt ist Humanist, ein bedingungsloser Menschenfreund“, nannte ihn Bernd Küster, Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel, in seiner Laudatio.

Küster ist Initiator dieser Ausstellung, er hatte Alt vor zwei Jahren kennen und dessen Werk und Arbeitsweise schätzen gelernt. Und Küster kannte Juranek. Der Kreis zur Idee einer Ausstellungstournee, um Alt zum 75. Lebensjahr angemessen zu ehren, schloss sich. Jetzt wandert die bunte Kunst. Erst Kochsmühle Obernburg, derzeit Wernigerode, im neuen Jahr noch Museums-Schloss Arolsen und das Landesmuseum der Stadt Oldenburg. Überall etwas anders, überall aber typisch Otmar Alt.

75 ist der gebürtige Wernigeröder im Sommer geworden. Seit vielen Jahren lebt er in Hamm in Westfalen. Ihn Pensionär zu nennen, wäre völlig fehl. Schließlich arbeitet Alt immer noch unermüdlich, steckt voller Kraft und Kreativität.

„Um zu verstehen, warum ein Mann mit 75 so malt, muss man Stationen aus seinem früheren Leben zeigen“, sagte Küster beim Gang durch die Ausstellung. Einige der älteren Bilder hängen, teils Arbeiten aus den 1970er Jahren. Die Menge des Gezeigten allerdings ist erst jüngst entstanden, eine Vielzahl an Bildern trägt das Datum 2014. Man mag nicht glauben, was da in kürzester Zeit im Atelier zu Bildern wuchs. Küster: „Ich war völlig perplex, als ich gesehen habe, was alles entstanden ist.“ Vor allem Zyklen sind in den vergangenen Jahren entstanden, kompakte Bildserien zu Themen und Motiven, die den Künstler nicht losgelassen haben. Die Bildfolge „Hexen im Harz und vieles mehr“ gehört dazu. Der Künstler thematisiert mit seinen ihm eigenen kraftvollen Farben die Walpurgisnacht, den Tanz mit dem Teufel, Hexensabbat und Folterkammer. Die Mythenwelt mit Mensch und Tier, märchenhaften Gestalten und lachenden Teufeln bedient unsere Fantasie und setzt erneut einen farbenfrohen Kontrapunkt zum grauen November vor der Tür. Hoch oben über dem Treiben thront das (Wernigeröder?) Schloss. Dieser Hexen-Zyklus ist erstmals in der Öffentlichkeit zu sehen.

Keine Ausstellung, ohne Alt als Grenzüberschreiter zu zeigen. Seit jeher ist er in einer Vielseitigkeit zu Hause, wandelt zwischen Bühnenbild und Bildhauerei, Malerei, Objektgestaltung, Architektur und Design. Immer wieder sucht Alt dabei die Alltagswelt, gestaltet Trinkgläser, Geschirr, Fassaden. Küster nannte es in seiner Laudatio „Anwendbarkeit seiner Kunst“. Mit Alts zahlreichen Fassadengestaltungen und Skulpturen im öffentlichen Raum suche er immer wieder den Dialog zwischen seinen Werken und dem Betrachter. Küster: „Seine Kunst ist einfach und klar, jeder kann sie verstehen.“

Glasskulpturen, die in der Glasmanufaktur Harzkristall entstanden sind und auch Figürliches und Abstraktes mischen, gehören ebenso zu den Exponaten wie die in Vitrinen ausgestellten kleinen Geschwister der großen, fertigen Gemälde, die gedanklichen Vorstufen, die Skizzen, die Gerüste zum Endgültigen. Sie geben einen Einblick in die Arbeitsweise des Künstlers, der Außenstehende immer wieder mit seiner Akribie und Disziplin beeindruckt. Küster: „Bei ihm läuft alles planerisch, mit System.“ All das zu zeigen, ist kein leichtes Unterfangen. Dicht an dicht hängen die Bilder, es gibt kaum eine weiße, unbespielte Wandfläche. Das fordert das Auge heraus. Einiges ist nicht galerietypisch in Reihe gehängt, die Auflockerung tut ob der Fülle an Kunstmaterial gut, sie kann aber nicht gänzlich das Gefühl verhindern, erdrückt zu werden von all der Farbe und Intensität.

Otmar Alt „Malen & Leben“ bis 3. April im Frühlingsbau des Schlosses Wernigerode, geöffnet: Dienstag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, am Wochenende bis 18 Uhr.