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Konzert Das Oratorium vom „Hofcapellmeister“

Ein selten gespieltes Werk von Gottfried Heinrich Stölzel wurde jetzt in Magdeburg aufgeführt. Das Oratorium galt lange als verschollen.

Von Renate Bojanowski 13.12.2015, 23:01

Magdeburg l Mit zahlreichen Konzerten erfreuen die Chöre der Stadt Magdeburg und Umgebung in der Vorweihnachtszeit ihr Publikum, unter ihnen auch der Kammerchor der Biederitzer Kantorei unter der Leitung von Michael Scholl. Das Ensemble musizierte am vergangenen Freitagabend gemeinsam mit dem Weimarer Barockensemble und den vier Solisten Doerthe Maria Sandmann (Sopran), Stefan Kunath (Altus), Stephan Hinssen (Tenor) und Mathias Vieweg (Bass) in der Konzerthalle Georg Philipp Telemann im Kloster Unser Lieben Frauen.

Mit dem Weihnachtsoratorium für Soli, Chor und Orchester des „Gothaisch-Altenburgischen Hofcapellmeisters“ Gottfried Heinrich Stölzel erklang das wichtigste Werk eines der großen Tonmeister des 18. Jahrhunderts. Stölzels Kompositionen umfassen beinahe alle Gattungen und sind im Laufe der Zeit aufgrund schlechter Archivierungsarbeiten verloren gegangen. Vor wenigen Jahren erst wurde das Weihnachtsoratorium wiederentdeckt, zur Freude des Publikums.

Der Kammerchor der Biederitzer Kantorei überzeugte von Beginn an mit homogenem Klang, Ausdrucksstärke und lebendiger Gestaltung. Das Orchester intonierte präzise und bezauberte mit seiner einfühlsamen Begleitung. Das Weimarer Barockensemble erwärmte die Herzen des Publikums mit wunderbaren Bläsern und allzeit durchsichtigem Zusammenspiel. Die vier Solisten unterstrichen mit ihren Einsätzen die Eindringlichkeit des Werkes. Alle warteten mit bester Artikulation auf und gaben dem Werk mit ihrem berührenden Gesang Intimität und innige Festlichkeit. Ihre Gestaltung ging zu Herzen und ließ das Kleinod protestantischer Kantatenkunst leuchten. Allen voran Altus Stefan Kunath, dessen klare Intonation und sein zartes, weiches Timbre lange nachwirken wird.

Doerthe Maria Sandmann sang sich sauber und souverän durch die anspruchsvollen Partien, während Stephan Hinssen seinen Arien mit viel Gefühl eine ganz eigene Sprache gab. Matthias Vieweg verlieh seinen Arien unaufdringliche Größe und Wärme.

Alle Ausführenden sorgten für eine besonders eindringliche Ausdeutung des Textes, der das weihnachtliche Geschehen in einer kunstvollen Zusammenfügung aus Dikta, freier madrigalischer Dichtung und Chorälen bis in die heutige Zeit reflektiert.

Michael Scholl führte Chor und Orchester sowie Solisten umsichtig und sicher durch die eigenwillige Komposition. Anhaltender Applaus beendete im Kloster-Konzertsaal ein anrührendes vorweihnachtliches Konzerterlebnis.