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Ausstellung Erinnerungen an Erika

Eine Schau in Halle zeigt Schreibmaschinen-Raritäten. Zu Zeiten von „Erika" wurde noch ordentlich gehämmert.

Von Petra Buch 21.04.2017, 23:01

Halle (dpa) l Am Anfang waren es „nur“ drei. Heute hat Andreas Schröder rund 200. Und die Mehrzahl von ihnen trägt diesen Namen: „Erika“. So heißt die mechanische Schreibmaschine, der eigens eine Ausstellung in Halle gewidmet ist. Unter dem Motto „Erika & ihre flotten Typen. Schrift und Technik im Wandel der Zeit“ sind im Technischen Halloren- und Salinemuseum etwa 50 Schreibmaschinen aus mehreren Jahrzehnten zu sehen. Dazu gehören auch einzelne andere Exponate mit Namen wie „Mercedes“ oder „Dea“. Aber „Erika“ sei zu DDR-Zeiten die meistproduzierte Schreibmaschine gewesen, erzählt deren leidenschaftlicher Sammler Schröder.

Generationen von Facharbeitern für Schreibtechnik, wie die Grundausbildung zur späteren staatlich geprüften Sekretärin in der DDR hieß, haben auf den Maschinen flink und kraftvoll in die Tasten „gehämmert“, das Papier mit Blaupapier für Durchschläge eingespannt und Farbbänder gewechselt. Schriftsteller verfassten Romane auf „Erika“, Journalisten ihre Texte, Studenten ihre Abschlussarbeiten. In Behörden und Haushalten wurde auch nach dem Fall der Mauer mangels Computer noch so mancher (böse) Brief mit Kopie in die Tasten gehämmert.

Die allesamt funktionstüchtigen Exponate der Schau stammen überwiegend aus dem Privatbesitz des 56-Jährigen. Darunter ist auch ein in den 1960er Jahren von dem Designer Gerhard Schöne entworfenes Modell „Erika“, das zum Synonym der Alltagsschreibmaschine schlechthin wurde, erzählt der Kustos des Museums, Christian Schwela.Anliegen der Schau sei es, besonders jungen Menschen, der „Generation Tablet“, den Ursprung des schnellen Schreibens, den Erfindergeist und auch die Vorteile von Handarbeit zu zeigen. Zu den Besonderheiten der Schau gehöre die Nachbildung einer der weltweit ersten funktionstüchtigen Schreibmaschinen. Erfunden und gefertigt wurde diese den Angaben zufolge vor rund 150 Jahren aus Holz, von dem Zimmermann Peter Mitterhofer (1822 bis 1893) aus Südtirol. Die Konstruktion ist eine Leihgabe aus dem Technischen Museum in Wien (Österreich).

Nahezu zeitgleich sei im 19. Jahrhundert in den USA die später gängige mechanische Form der Schreibmaschine entwickelt und in Serie gefertigt worden. „Das war die Industrialisierung des Schreibens, um schneller als von Hand zu sein“, erzählt Schwela. Ausgestellt sind auch eine Schreibmaschine mit besonderer Mechanik für Blinde und Sehbehinderte, mit kyrillischen Buchstaben sowie elektrische.

Produziert wurde die Schreibmaschine vom Typ „Erika“ in Deutschland laut Schwela seit 1910. Sie wurde von der Dresdner Firma Seidel & Naumann auf den Markt gebracht. Der Name erinnere an eine Enkelin eines Firmengründers. „Rund acht Millionen „Erika“-Schreibmaschinen wurden vom Anfang bis zum Ende der Produktion um 1990 verkauft. „In der DDR war sie in den 1970er Jahren auch Luxusartikel“, erzählt Sammler Schröder.

Denn immerhin mussten Privatleute rund 420 DDR-Mark dafür auf den Tisch blättern, was für viele einen Großteil des damaligen Monatsverdienstes ausmachte. Unter dem Namen „Privileg“ sei „Erika“ als Exportartikel in den Westen geliefert und verkauft worden. Wer indes noch mehr über die Geschichte von der Schreibmaschine bis zum Computer erfahren will, der werde im Deutschen Schreibmaschinenmuseum in Bayreuth (Bayern) fündig. Es beherbergt nach Museumsangaben rund 600 Exponate.

Vor 30 Jahren hatte der Sammler Schröder aus Halle damit begonnen, sich dem mittlerweile überholten Zeitalter der Schreibmaschinen zu widmen, als er die ersten Modelle geschenkt bekam. „Mich begeistert bis heute die Technik, für mich sind es kleine Wunderwerke“, sagt er. „Sehr zum Leidwesen meiner Frau stehen die vielen Schreibmaschinen überall bei uns zu Hause rum, aber ich putze sie auch alle selbst.“

Die Ausstellung ist ab 22. April bis zum 30. September zu sehen.