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Kriminalität und Kapitalismuskritik: Arne Dahls "Neid"

18.02.2014, 13:44

München - Eine höchst moderne und effektive Ermittlergruppe steht im Mittelpunkt der "Opcop"-Reihe des schwedischen Erfolgsautors Arne Dahl (51).

Besetzt mit Ermittlern aus mehreren EU-Staaten, agiert dieses Team im Verborgenen, weil es keine Rechtsgrundlage gibt. Aber die von einem Schweden geführte Gruppe hat Zugang zu modernster Technik und besten Verbindungen.

Als "Neid", der dritte Roman der Serie, einsetzt, ist die Gruppe schon mitten in einem Fall von europaweiter Bedeutung. In Amsterdam überwachen sie eine Wohnung, die ein Kontrollzentrum des europaweiten Menschenhandels mit Bettlern zu sein scheint. Lange Zeit bleibt verborgen, welche Wege die Gelder nehmen, nachdem sie von Roma überall in Europa erbettelt wurden.

Erst durch einen großen Zufall kommt Bewegung in den Fall. Einer der beschatteten rumänischen Mafioso erwähnt bei einem Treffen einen Begriff, den der Teamleiter in einem ganz anderen Zusammenhang gehört hatte und der noch viel mehr Sprengstoff in sich birgt. Eine EU-Kommissarin fühlt sich durch einen geheimen "Plan G" bedroht, der jetzt von einem Menschenhändler ins Gespräch gebracht wird.

Alles ist anfangs noch sehr vage, niemand weiß wirklich, worum genau es geht und wie die Fälle zusammenhängen, aber Teamleiter Hjelm mobilisiert sämtliche Agenten und modernste Technik, um diesen mysteriösen "Plan G" zu durchkreuzen. Dabei greift er bedenkenlos zu Mitteln, die mit dem Recht nur wenig zu tun haben, die aber unumgänglich sind, um die Verbrecher auszuschalten.

Ganz Europa ist mittlerweile Tätigkeitsfeld der Mafia, und entsprechend international agieren die Ermittler. Schauplätze des Romans sind Amsterdam, Berlin, Brüssel, Paris, Ungarn, Schweden und Griechenland. Wo auch immer die Ermittler hinkommen machen sie die Erfahrung, dass die Welt schlecht ist und immer schlechter wird: "Es wird immer schwerer zu entscheiden, was am besten ist. Oder besser gesagt, was das geringste Übel ist. Die Schwarz-Weiß-Moral greift leider nicht mehr."

Hin und her springt die Erzählung zwischen Schauplätzen, Ermittlern und Fällen. Erst ganz allmählich zeigen sich die Verbindungen zwischen den Fällen, und sie eröffnen eine Welt, die noch viel abgründiger ist, als sie beim ersten Betrachten erscheint. Es ist, philosophiert einer der Ermittler, "als gäbe es zwei Versionen von Europa", und wer in welchem Europa lebt, ist eine Machtfrage.

Die Aufklärung der Fälle in "Neid" entwickelt sich in unterschiedliche Richtungen. Sogar der Fall der verschwundenen chinesischen Kinder aus dem erster "Opcop"-Roman "Gier" wird aufgeklärt. Und auch für diesen Fall ist verantwortlich "diese Gier, dieser Neid, auf den Reichtum der anderen".

Der Wettkampf um Macht und Reichtum hat ungeahnte Dimensionen angenommen. Niemand ist sicher vor diesen Machenschaften, nirgendwo. Selbst wenn eine EU-Kommissarin eine Grundsatzrede hält, die einer Predigt gegen die westliche Gesellschaft nahekommt, ist das Böse anwesend und lauert auf seine Chance.

Arne Dahl erzählt die Geschichte rasant, mit vielen Wendungen und Überraschungen und immer vorhandener Spannung. Allerdings machen sich die politisch korrekten Passagen bisweilen störend bemerkbar, weil die Erzählung die von Dahl auf den Punkt gebrachten Aussagen ohnehin verdeutlicht.

- Arne Dahl: Neid. Piper Verlag, München, 508 Seiten, Euro 16,99
ISBN 978-3-492-05537-6.