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Der Müllmann-Mörder von Manhattan

11.03.2014, 11:40

Berlin - New York City steht am Abgrund. Zuerst die nukleare Terror-Bombe am Times Square. Dann die vielen kleinen Folgeanschläge auf Autos. Schließlich die Flucht der Bevölkerung.

Nur verlorene und verrückte Seelen sind geblieben in der zerbombten Metropole. Und Spademan natürlich. Der Profikiller tötet sich mit seinem Teppichmesser durch die verfluchte Stadt.

Das postapokalyptische Manhattan ist die Bühne für den Debütroman "Spademan" von Adam Sternbergh, der auch Kulturredakteur des "New York Times Magazins" ist. Fast alle sind von dort weggezogen, die restlichen Bewohner stöpseln sich in ihren Betten an Kabel an, pumpen sich mit Nährlösungen voll und fliehen in ein virtuelles Wunschdasein. Limnosphäre nennt sich die digitale Parallelwelt.

Anti-Held Spademan bleibt in der tristen Realität. Früher hielt er als Müllmann die Straßen sauber, nun entsorgt er Menschen. Schließlich hat er seine Frau beim Anschlag am Times Square verloren und nichts mehr zu verlieren. Mit Auftragsmorden hält er sich nun über Wasser - kaltblütig, distanziert und stets seinen eigenen Regeln treu, wie zum Beispiel: "Ich töte Männer. Und ich töte Frauen, denn ich will nicht diskriminierend sein. Aber ich töte keine Kinder, dazu muss man ein echter Psychopath sein."

Als er auf die ausgebüxte Tochter eines mächtigen Fernsehpredigers angesetzt wird, zweifelt er an seinem blutigen Geschäft. Die 18-jährige Persephone erzählt ihm Geheimnisse, die ihm unmöglich machen, den Job zu Ende zu bringen. Spademan schlägt sich auf die Seite des Mädchens und gerät ins Fadenkreuz ihres Vaters. Der Evangelist T.K. Harrow hat in der Limnosphäre einen digitalen Himmel geschaffen, seine Anhänger folgen ihm wie Schafe ins Netz, und Harrow wird immer mächtiger. Spademan zieht in den Kampf.

Sternberghs "Spademan" ist ein Action-Comic in Buchform, eine Art "Sin City" auf 304 Seiten. Er malt ein trostloses Bild seiner Heimatstadt, mit kurzen Sätzen und schneller Sprache, ebenso nüchtern wie sein Müllmann-Mörder selbst. Der Autor bleibt stets im Präsens, nutzt nicht einmal Anführungszeichen. Er treibt den sprachlichen Minimalismus so weit, dass die Lektüre mitunter etwas anstrengend werden kann.

Doch mit witzigen Wortspielen und überraschenden Wendungen hält Sternbergh den Leser bei der Stange. Zwischen den Zeilen des Zukunftsthrillers versteckt er Kritik an der technischen Revolution, an Obrigkeit und religiösem Wahn. Das kann trotzdem nicht von mancher Logikschwäche der Geschichte ablenken. Der Autor erklärt bis zum Ende nicht schlüssig, wieso überhaupt noch jemand im zerbombten New York leben sollte, obwohl Terror und Verfall bereits an den Vorstädten spurlos vorüberzogen. Während Manhattan im Chaos versinkt, fährt die Müllabfuhr im Rest der Welt offenbar noch einwandfrei.

- Adam Sternbergh: Spademan, Heyne Verlag, München, Aus dem Englischen von Alexander Wagner, 304 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-453-26888-3.