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Keine Hoffnung - Margaret Atwoods "Geschichte von Zeb"

25.03.2014, 09:25

Berlin - Immer wieder wird sie für den Literaturnobelpreis gehandelt, die Kanadierin Margaret Atwood (74) zählt zu den großen Autorinnen unserer Zeit. In unzähligen Interviews, Essays und auch in vielen ihrer Romanen benennt sie Probleme wie die Umweltzerstörung und unseren Raubbau an der Natur.

"Wir haben unseren Ökokredit überzogen, wir haben die Naturbank geplündert", warnte Atwood schon vor Jahren in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Jetzt legt die 1939 im kanadischen Ottawa geborene Tochter eines Insektenforschers, die in ihrer Kindheit lange in der Wildnis gelebt hat, den dritten Teil ihrer Science-Fiction-Trilogie vor und vervollständigt damit das postapokalyptische Szenario, das sie in den beiden Romanen "Oryx und Crake" (2003) und "Das Jahr der Flut" (2009) in düsteren Farben ausgemalt hat.

Es gibt keine Hoffnung mehr in "Die Geschichte von Zeb", der Planet ist am Ende. Eine Pandemie, die "wasserlose Flut", hat die Menschheit fast vollständig ausgerottet, nur einige wenige Überlebende fristen in ständiger Furcht vor brutalen "Painballern" ihr kümmerliches Dasein in einer primitiven Lehmhütte inmitten eines verwaisten Parks. Die ehemalige "Gottesgärtnerin" Toby ist eine von ihnen, auch Schneemensch-Jimmy, der Protagonist des ersten Romans, hat schwerverletzt überlebt. Zu den Bewohnern des Lehmhauses gesellt sich der legendenumwobene Abenteurer Zeb, die große Liebe von Toby. Die Erlebnisse von Zeb bilden den Kern des anspielungsreichen Romans, der mit vielen Rückblenden und Querverweisen keine einfache Lektüre ist.

Der Mensch ist ein Auslaufmodell in diesem oft von schwarzem Humor durchbrochenen Endzeitszenario. Er hat seine Chance gehabt und nicht genutzt. Nicht nur die Umwelt ist verpestet, auch die menschlichen Beziehungen sind infiziert worden, von Misstrauen und Angst zersetzt. Die fragile Liebesbeziehung zwischen Toby und Zeb scheint immer wieder auf dem Spiel zu stehen. Die nicht mehr ganz junge Toby hat beständig Sorge, dass sie den Ansprüchen ihres weitgereisten Lovers nicht genügen könnte.

Solche Probleme haben die "Craker" nicht, die neuen, genmanipulierten Wesen, die sich vegetarisch ernähren, liebend gerne singen, Geschichten hören und friedlich wie die Schafe sind. Zu diesen skurrilen "Beinahe-Menschen" gesellen sich noch eine ganze Reihe weiterer Resultate von abstrusen Genmanipulationen. "Grolarbären" streifen durch die Wälder und treffen auf "Pizzlys", grüne Kaninchen hoppeln über verstepptes Land, und ab und an kommt ein "Löwamm" vorbei, eine Mischung aus Löwe und Lamm, die den uralten, biblischen Antagonismus zwischen Gewalt und Sanftmut in sich aufgelöst hat.

Im Grunde ähnelt Atwoods Roman den endzeitlichen Wimmelbildern eines Hieronymus Bosch (um 1450 -1516). Eine Unmenge von Figuren bevölkert diesen sich verdunkelnden Kosmos, einige bleiben Stückwerk, scheinen mehr Thesenträger als literarisch geformte Charaktere zu sein, und statt eines epischen Erzählflusses zerfällt der Text in viele kurze Episoden.

Über das furchtbare Ende der Welt lässt sich im Medium der Literatur nicht mehr konsistent und formvollendet fabulieren. Dies scheint die Botschaft von Margaret Atwood zu sein. So kann man "Die Geschichte von Zeb" auch als mahnendes Vermächtnis einer großen Autorin lesen.

- Margaret Atwood: Die Geschichte von Zeb. Berlin Verlag, 477 Seiten, 22,90 Euro, ISBN-13: 978-3827011725.