1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. Buch
  6. >
  7. Mentalmagier entlarvt Unglaubliches als Psychotrick

Mentalmagier entlarvt Unglaubliches als Psychotrick

15.07.2014, 14:12

München - Nennen Sie sofort, ohne nachzudenken: eine Farbe. Ein Werkzeug. Ein Musikinstrument. Ein Möbelstück. Haben Sie sich für Rot, Hammer, Geige und Stuhl entschieden? Wenn ja, sind Sie in guter Gesellschaft: Fast jeder nennt diese Begriffe.

Warum dies so ist, erläutert Christoph Kuch in seinem Buch "Sei nicht abergläubisch, das bringt Unglück!". Kuch ist weder Psychologe noch Hirnforscher, sondern Diplom-Kaufmann. Und zudem Weltmeister in Mentalmagie. Sein Buch erklärt frisch-fröhlich, was hinter den Erfolgen von Wunderheilern, Horoskopen und Frauenhelden steckt.

Bei fast jedem Auftritt werde er von mindestens einem Mann gefragt, ob er es als Mentalmagier leichter habe, Frauen kennenzulernen, schreibt Kuch, der mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern im bayerischen Stein lebt. "Gibt es sie wirklich, diese unfehlbaren Psycho-Tricks, mit denen Sie sich bei der nächsten Pirsch durch die Clubs und Bars Ihrer Stadt einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können? Ja, es gibt sie", so der Magier. Ein guter Trick demnach: das Objekt der Begierde um einen Gefallen bitten. Ein weiterer: die eigene Verfügbarkeit verknappen. Die Erfolgsaussichten zeigten drei Hinweise: "Blickkontakt, Spiegeln und Berührungen".

Kuch erläutert auch, inwiefern Menschen, die sich selbst als Glückskinder sehen, Situationen häufiger als Glück empfinden - und warum ihnen in der Folge tatsächlich eher Dinge gelingen. Er berichtet von Studien, in denen gute Laune Menschen erheblich schneller und besser Tests lösen ließ. Dafür habe schon ein vorab geschenktes Bonbon genügt, das nicht einmal gegessen wurde. Und es gebe einen weiteren Grund für das Glück der Glückskinder. "Sie sind von Hause aus einfach hartnäckiger und geben sich nicht geschlagen", schreibt Kuch. "So ist es natürlich auch wahrscheinlicher, dass sie ihre Ziele tatsächlich einmal erreichen werden."

Kaum zu glauben scheint so manche beschriebene Posse der US-Geheimdienste, die Hellseher und andere übersinnlich begabte Menschen einsetzen wollten - als Alternative zu Radar und Agenten vor Ort. Um 1983 habe es einem Enthüllungsbuch zufolge gar eine Taskforce gegeben, die Ziegen zu Tode starren und durch Wände gehen sollte, was später im Film "Männer, die auf Ziegen starren" aufgegriffen wurde. Derlei sinnloser Hokuspokus sei aber nicht auf die USA beschränkt, betont Kuch. "Andere Länder waren vorher und hinterher genauso Banane."

Kuch erläutert auch, wie winzige Erreger das Denken ihrer Wirte steuern, warum es für die Pharmaindustrie Sinn macht, mehr Geld für Werbung als für Forschung und Entwicklung auszugeben und auf welche Weise Placebos und Heilpraktiker Menschen helfen. Als weitgehend sinnfrei bezeichnet der Magier das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) zur psychischen Beeinflussung von Menschen, immer wieder entlarvt er vermeintliche Wunderheiler und Hellseher als Scharlatane.

"Es steht Ihnen natürlich frei, alles und jedem zu glauben", schreibt Kuch. "Nur möchte ich Sie bitten, ganz genau hinzusehen, bevor Sie einer Person Ihr Vertrauen schenken, Geld geben oder auf deren Ratschläge hören. Nur, weil etwas unerklärlich scheint, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es keine Erklärung gibt."

"Sei nicht abergläubisch, das bringt Unglück!" ist eine amüsant zu lesende Erklärung psychologischer Tricks und statistischer Zusammenhänge. Bei allem Spaß scheint dabei immer wieder durch, wie ernst es Kuch damit ist, Menschen vor allzuviel Leichtgläubigkeit zu warnen und zu schützen. Sein Buch wird so zu einer Perle unter seinesgleichen, nicht nur für Menschen, die zu Aberglauben neigen.

Und warum nun Rot, Hammer, Geige und Stuhl? Dies sind die Dinge, die ihre Kategorie nach dem erlernten Bild der meisten Menschen am ehesten repräsentieren, erklärt Kuch. Sie belegen im Hirn statistisch am häufigsten die Pole-Position der Best-of-Liste von Farben, Werkzeugen, Instrumenten und Möbeln - und werden daher beim spontanen Abfragen zuerst genannt.

- Christoph Kuch, mit Florian Severin: Sei nicht abergläubisch, das bringt Unglück! Die Psychologie des Unglaublichen, Knaur Verlag München, 288 Seiten, 12,99 Euro ISBN 978-3-426-78692-5.