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Temporeich: Don Winslows Thriller "Missing. New York"

28.10.2014, 13:41

München - Der Schreck über "Vergeltung" ist kaum überwunden, da steht schon der nächste Winslow im Regal. "Missing. New York" ist anders, ist wieder der klassische Ermittler-Thriller, mit dem der US-Amerikaner Don Winslow einst begann, und laut Ankündigung zudem der Auftakt einer neuen Roman-Serie.

Ein Provinzcop schmeißt darin seinen Job hin, um allein und auf eigene Rechnung nach einer vermissten Siebenjährigen zu suchen, die die Polizei längst aufgegeben hat.

Bekannt ist Winslow in Deutschland spätestens seit der Verfilmung von "Savages", seiner Geschichte über eine fröhliche kalifornische Drogenhändler-Clique, die in einen mörderischen Kampf mit einem mexikanischen Kartell verstrickt wird. Zuvor war schon "Tage der Toten" mit einer faszinierend vielschichtigen und mitreißenden, wenngleich ebenfalls ultrabrutalen Story über den Drogenkrieg in Mexiko zum Bestseller avanciert.

Erst im vergangenen Frühjahr erschien dann "Vergeltung" in Deutschland, ein Rache-Thriller, der sich als eine Art Waffenkatalog mit Rahmenhandlung entpuppte, in dem Winslow ausführlich die Vor- und Nachteile von Präzisionsgewehren und Granatwerfern im Einsatz gegen böse Terroristen abhandelt.

Nun schickt Winslow Frank Decker in den Einsatz, ebenfalls wortkarg und wenig zimperlich, aber vergleichsweise leicht bewaffnet. In Lincoln, Nebraska, ist die siebenjährige Hailey verschwunden, und Cop Decker ermittelt, bis es nichts mehr zu ermitteln gibt. Als ein zweites verschwundenes Mädchen tot aufgefunden und der Mörder gefasst wird, glauben alle, dass auch Hailey nicht mehr lebt. Alle bis auf Decker. Der kündigt, packt seine Sachen und folgt Haileys Spur allein quer durch die USA - bis zum Showdown in New York.

Einsamer Kämpfer ermittelt auf eigene Faust, setzt dabei seine Ehe in den Sand, bricht die Regeln, um die Schwachen zu beschützen und die Bösen und Korrupten zu bestrafen. Sonderlich originell ist das alles nicht. Winslow lässt diesmal die Politik und das große Ganze außen vor, verzichtet auf übermäßige Brutalität und hält sich konsequent ans Schema F des Genres - inklusive falscher Fährte, überraschender Wendung am Ende und leider auch einiger Logik-Lücken.

Trotzdem fesselt "Missing. New York" von Anfang bis Ende mit hohem Tempo und solider Action. Ein Buch, das man schnell und gerne liest, danach aber auch schnell wieder vergisst.

- Don Winslow: Missing. New York, Droemer Verlag, München, 395 Seiten, 14,99 Euro, ISBN: 978-3-426-30428-0.