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Literaturhaus Reisen mit Gulliver und Goethe

Die Magdeburger Literaturwochen laden zu Lesungen und Ausstellungen. Das Thema: Abenteuer und Reisen.

Von Grit Warnat 24.08.2016, 01:01

Magdeburg l „... ich höre nachts die Lokomotiven pfeifen, sehnsüchtig schreit die Ferne, und ich drehe mich im Bett herum und denke: Reisen ...“ Dieser Satz von Kurt Tucholsky, Schriftsteller und engagierter Journalist, bekannt für seine spitze Feder, der 1935 im schwedischen Exil an einer Medikamenten-Überdosis starb, steht als Klammer über dem diesjährigen Programm der Literaturwochen. „Reisen bedeutet Bildung, es schärft den kritischen Blick und es verbindet Kulturen“, sagt Literatur- haus-Chefin Ute Berger zum Literaturwochen-Motto „Reisen. Abenteuer. Impressionen.“

Obwohl das Programm offiziell erst am 31. August mit einem kabarettistischen Reise-Rück-blick von Frank Hengstmann beginnt, kann sich der Besucher im Literaturhaus schon jetzt an abenteuerlichen Bildwelten erfreuen. In der Ausstellung „Weltliteratur in Bildern“, die noch bis zum 28. Oktober zu sehen sein wird, zeigt der Grafiker und Buchillustrator Peter Beste seine Sichten auf die weltbekannten Reisen von Gulliver und die Abenteuer auf See in Melvills Klassiker „Moby Dick“.

Diese Buchgrafiken aus den 1970er und 80er Jahren nennt Ute Berger eine Form der mannigfaltigen Reflexion von Reisen und damit verbundenen Abenteuern. „Wir haben Autoren eingeladen, die das Thema auf sehr unterschiedliche Art und Weise betrachten“, sagt sie bei der gestrigen Vorstellung des Programms.

Da ist der klassische Reisende Goethe. Die renommierte Goethe-Forscherin Sigrid Damm wird dessen Liebeszeugnisse an Charlotte von Stein lesen. Da ist Werner Fritsch, der Dramatiker und Drehbuchschreiber, der ein halbes Jahr Stadtschreiber in Magdeburg ist und eine als Hörspiel produzierte Zeitenreise vorstellen wird.

Zu Gast sein wird Nancy Aris, die für ihr erstes Buch „Passierschein, bitte!“ in Wladiwostok unterwegs war und sich auf Spurensuche einer deutschen Kaufmannsfamilie begeben hat. Jetzt erschien in Fortsetzung ihr Roman „Dattans Erbe“.

„Anderswo“ betiteln Sabine Raczkowski und Pia Monika Nittke ihre Lyrik und Prosa, die von nahen und fernen Ländern handelt, vom Reisen in diese Welt. Mandy Host, bekannte Magdeburger Reisende, entführt nach Irland und Schottland. Schauspieler und Autor Gregor Weber („Kochen ist Krieg“) schreibt in seinem Buch „Stadt der verschwundenen Köche“ über die Abenteuer eines Koches auf einem Luxusdampfer, der sich nach einem Schiffbruch vor Kap Hoorn in einer fremden Welt wiederfindet.

Im November ist Schauspieler und Sprecher Hanns Zischler zu Gast im Literaturhaus. Er wird „Die Europäer“ von Henry James lesen. Apropos November. Bis dahin wurden die Literaturwochen ausgeweitet. Der veranstaltende Literaturhaus-Verein sieht das als Experiment an, so Vorsitzender Wolfgang Domhardt. Mit der Ausweitung auf drei Monate aber könne besser auf Terminwünsche der Künstler eingegangen werden. Jan Böttcher, der im Moment mit seinem Roman „Y“ auf Platz 1 der renommierten SWR-Bestenliste steht, ist Ende Oktober Gast beim Literaturfest, Gisela Steineckert Ende November.

Nicht nur zeitlich, auch räumlich gibt es Erweiterungen. Neben den seit Jahren bewährten Partnern wie Moritzhof und Stadtbibliothek werden erstmals zehn Orte in Magdeburg bespielt, darunter die Magdalenenkapelle, der Biergarten Mückenwirt und der Kiosk am Neustädter Bahnhof.