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Der entzauberte Bischof: Mendozas "Der Walfisch"

07.04.2015, 09:41

München - Bischof Fulgencio Putucás kommt aus einem zwielichtigen zentralamerikanischen Land zu einem Kirchenkongress nach Barcelona. Die ebenso eitle wie reiche Tante Conchita nimmt den hohen Würdenträger nur allzu gern als Gast auf.

Doch dann bricht im Heimatland des Geistlichen eine Revolution aus, und Putucás muss als unerwünschte Person in Spanien bleiben. Da der Langzeitgast der Tante schnell lästig wird, schiebt sie ihn an ihren ärmlichen und trinkfreudigen Bruder ab. Dort macht sich der Bischof bald im Haushalt nützlich, erledigt Einkäufe und wird mehr und mehr zu einem gewöhnlichen Familienmitglied. Schließlich begleitet er den Vater sogar auf seine Sauftouren. - Eduardo Mendoza ("Die Stadt der Wunder") ist ein Meister der feinen Ironie. Sein Roman "Der Walfisch", eigentlich eher eine Erzählung, schildert mit einem Augenzwinkern die Geschichte einer Entzauberung. Doch auch ein ernster Unterton schwingt mit. Denn tatsächlich ist der labile und überforderte Indio-Bischof eine zutiefst melancholische Gestalt.

Eduardo Mendoza: Der Walfisch, Nagel &Kimche, München, 128 Seiten, 16,90 Euro, ISBN 978-3-312-00646-5