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Domfestspiele Opulente Klänge im Gotteshaus

Die Domfestspiele in Halberstadt locken mit einem großen Werk: Das Oratorium „The Apostels“ von Edward Elgar.

Von Sabine Scholz 11.05.2017, 01:01

Halberstadt l Im Original ist es im Osten Deutschlands noch nie erklungen, die letzte Aufführung in Deutschland überhaupt liegt mehr als 100 Jahre zurück. 1908 war das Oratorium „The Apostels“ wohl letztmals zu hören, im Westen Deutschlands, so fand der Gifhorner Wolfgang-Armin Rittmeier von der Elgar-Society heraus. Im Osten stand das Oratorium von Edward Elgar 1906 in Berlin auf dem Programm, seither wohl nie wieder.

Dass das Werk wie viele andere des Briten in Vergessenheit geriet, hat mit der Weltgeschichte zu tun – 1914 riss mit dem Ersten Weltkrieg auch die Rezeptionsgeschichte der Kompositionen Elgars in Deutschland ab. Ein Fakt, den der seit 2015 bestehende Elgar-Freundeskreis Deutschland ändern möchte, wie Rittmeier berichtete, der sowohl der Elgar-Society als auch dem Elgar-Freundeskreis angehört und für die Domfestspiele in Halberstadt eine Einführung in diese beeindruckende Tonschöpfung Edward Elgars (1857–1934) anbietet.

Das 1903 entstandene Werk vereint die englische Chortradition mit Einflüssen von Richard Wagner, den Elgar sehr verehrte. „Durch diese Mischung entstand ein opulentes Werk für ein großes romantisches Orchester, sechs Solisten, achtstimmigen Chor und am Ende einen Zusatzchor, den Semi-Choir“, sagt Kirchenmusikdirektor Claus-Erhard Heinrich. „Das Oratorium ist in seiner unmittelbaren Wirkung Filmmusik nicht unähnlich“, so der Halberstädter Domkantor.

Um das große Werk zu stemmen, sind zu den Domfestspielen in Halberstadt, die vom 2. bis 4. Juni stattfinden, mehrere Akteure vereint. Es singen die Solisten Nathalie de Montmillon (Eisenach), Ivonne Fuchs (Stockholm), Robert Macfarlane (Berlin), Friedo Henken (Hannover), Jörg Hempel (Dresden) und Dirk Schmidt (Leipzig), der Domchor Magdeburg einschließlich des Jugendchores sowie die Kantorei Halberstadt. Die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Schönebeck und das Mitteldeutsche Kammerorchester musizieren am 3. Juni unter Leitung von Domkantor Claus-Erhard Heinrich.

Die Aufführung beginnt um 18 Uhr, Wolfgang-Armin Rittmeier gibt um 17 Uhr eine Einführung zu dem Werk im Hohen Chor des Domes. In dem Oratorium, das auf Englisch gesungen wird, wird das Leben Jesu von der Berufung der Jünger bis zur Himmelfahrt erzählt, zum Teil aus ungewohnter Perspektive. So findet die Kreuzigung im Hintergrund statt, während Judas daran verzweifelt, was er angerichtet hat.

Noch ein weiterer Wagner-Fan steht mit seinem Schaffen im Fokus der Domfestspiele – Anton Bruckner. Dessen 5. Sinfonie bildet den Abschluss der Festspiele. „Dieses Werk ist die sakralste Sinfonie, die Bruckner geschaffen hat“, sagt Johannes Rieger. Der Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters wird das Konzert leiten, zu dem sich erneut Theaterorchester und das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode zusammenfinden. Die Sinfonie, so Rieger, zeichne sich zum einen „durch einen strengen barocken Kontrapunkt“ aus, zum anderen beeindrucke sie mit einem „gewaltigen Schluss-Choral“.

Doch nicht nur der Abschluss der Domfestspiele soll das Publikum begeistern. Schon mit der Eröffnung wollen die Organisatoren besondere Akzente setzen. So dürfen sich Ballettfreunde auf eine neue Inszenierung freuen, die Ballettmeister Can Arslan vom Nordharzer Städtebundtheater federführend betreut. Diesmal hat Arslan vier Tänzer seiner kleinen Compagnie beauftragt, eigene Choreographien beizusteuern. Unter dem Titel „Meer der Träume“ wird unter anderem zu Musik von John Cage, Heitor Villa-Lobos und Johann Johannson im Dom getanzt.

„Es ist nicht einfach, etwas für den Dom zu machen“, das einen Bezug zu dem gotischen Kirchenbau habe und dennoch nicht die Religion in den Mittelpunkt stelle, sagt Arslan. So sei er auf das Traummotiv gekommen, denn „Träume sind sehr wichtig für uns, sie vermitteln Botschaften, lassen der Seele Raum, das zu verarbeiten, was wir tagsüber sehen und erleben, aber im bewussten Zustand eher aus einer Perspektive bewerten, die uns anerzogen wird. Im Traum sind wir frei.“

So unterschiedlich die Handschriften seiner Tänzer sein werden, so wird es doch verbindende Elemente geben. Die seien bereits erkennbar, auch ohne Absprachen untereinander. „Das wird spannend“, verspricht Arslan.