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Festspiele Es ist vieles anders

In diesem Jahr wird bei den Bayreuther Festspielen kein roter Teppich ausgerollt. Auch der Staatsempfang fällt aus.

24.07.2016, 23:01

Bayreuth (dpa) l Es wird anders bei den Bayreuther Festspielen in diesem Jahr – weniger pompös und sehr viel stiller. Die Festspiele zollen den Opfern des Amoklaufes von München Respekt und verzichten bei der Eröffnung an diesem Montag auf den Promiauflauf auf dem roten Teppich und den Staatsempfang im Anschluss an die Premiere des „Parsifal“. So etwas hat es in der Geschichte der Richard-Wagner-Festspiele wohl noch nie gegeben. Sprecher Peter Emmerich kann sich nicht an einen ähnlichen Vorfall erinnern.

Die Festspiele hatten dafür plädiert, dass die Stadt Bayreuth den roten Teppich absagt. „Alles andere würden wir als geschmacklos und völlig unpassend empfinden“, sagte Emmerich. „Unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl gehören in dieser schweren Stunde den Angehören der Opfer des gestrigen Amoklaufs“, sagte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (FW) am Sonnabend.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte auch den traditionellen Staatsempfang nach der Aufführung ab. Dies gebiete der Respekt vor den Opfern und ihren Angehörigen. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) und seine Frau sagten ihren Premierenbesuch ab.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die mit ihrem Mann Joachim Sauer eigentlich zu den Stammgästen auf dem Grünen Hügel gehört, hatte schon vor Wochen wissen lassen, dass sie dieses Jahr entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit aus terminlichen Gründen nicht zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele kommen wird.

Die Aufführung der Neuinszenierung von Richard Wagners letzter Oper „Parsifal“ soll trotz allem stattfinden. „Der „Parsifal“ ist ein Werk, das eine Friedens- und Versöhnungsbotschaft enthält“, betonte Sprecher Emmerich. Regie führt Uwe Eric Laufenberg, Dirigent ist Hartmut Haenchen.

Schon vor den schrecklichen Ereignissen von München war klar, dass in Bayreuth in diesem Jahr vieles anders sein wird. Aus Angst, zu einem Ziel von Terroristen zu werden, war das Festspielhaus schon vor Wochen mit Zäunen gesichert worden.

Wer es betreten will, braucht nach dem Sicherheitskonzept von Stadt und Polizei einen Sonderausweis. Diesen erhält nur, wer eine Einverständniserklärung unterschrieben hat, dass seine Daten von der Polizei überprüft werden. Auch Mitarbeiter der Festspiele wurden überprüft; die Polizei empfahl, einige von ihnen nicht in sicherheitsrelevanten Bereichen einzusetzen. Eine konkrete Gefahr sieht die Polizei aber nicht.

Bei all dem gerät in den Hintergrund, was in diesem Jahr auf der Bühne passiert – auch wenn das durchaus spannend werden könnte. Denn sowohl Regisseur als auch Dirigent wurden ausgetauscht. Skandalkünstler Jonathan Meese wurde gefeuert – angeblich, weil sein Konzept zu teuer war. Für ihn übernahm Laufenberg. Und Dirigent Andris Nelsons warf selbst nur wenige Wochen vor der Premiere das Handtuch. Nachrücker Haenchen hatte nur wenige Tage Zeit, sich auf seine große Aufgabe einzustellen.

Einen Zusammenhang zwischen der Angst vor Anschlägen und einer vermeintlich islamkritischen „Parsifal“-Inszenierung hatte Regisseur Laufenberg bestritten. Im „Parsifal“ gehe es um das Christentum, nicht um den Islam, hatte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur betont.