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Festspiele „Faust“ auf dem Schloss

Charles Gounods „Faust“ gehört zu den den Höhepunkten der Schlossfestspiele Wernigerode.

Von Grit Warnat 20.07.2017, 01:01

Wernigerode l „Faust“ ist ein Meisterwerk der französischen Romantik mit sehr eindringlichen Melodien. Aber nicht nur der Musik wegen hat Musikdirektor Christian Fitzner sich für Gounods Oper zu den diesjährigen Schlossfestspielen entschieden. „Diese Oper gehört natürlich hierher“, sagt der Chef des Philharmonischen Kammerorchesters Wernigerode mit Blick auf den Spielort.

Die Geschichte um Faust und den Pakt mit seinem dämonischen Begleiter Méphistophélès, der Verjüngung verspricht, um die schöne Marguerite verführen zu können, passe perfekt aufs Schloss der Harzstadt. Dort beginnen die Höhen und Wälder des Mittelgebirges, die einst der Dichterfürst Goethe durchwanderte und von denen er sich inspirieren ließ. In seinem Klassiker Faust I, der literarische Vorlage für Gounods musikalisches Werk ist, hat er auch die Walpurgisnacht verewigt. Natürlich werde sie zur Inszenierung gehören, sagt Fitzner. „Ansonsten reduzieren wir einiges.“

Dass das eigentlich selten auf deutschen Bühnen zu findende Stück die vergangene Spielzeit am Theater Magdeburg eingeläutet hatte, stört Fitzner nicht. „Unser ,Faust‘ wird anders. Wir wollen möglichst dicht bei der Urfassung bleiben“, sagt er. Deutsche Dialoge, französische Gesangstitel – mehr verrät er nicht, überlässt die Umsetzung Birgit Kronshage. Die gebürtige Hannoveranerin, die im Herbst auch am Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt inszenieren wird, führt erstmals Regie bei den Schlossfestspielen. Fitzner, immer mutig bei der Suche nach neuen Regie-Handschriften, hofft auf ihr gutes Händchen. Tief sitzt noch seine Enttäuschung über den umstrittenen „Freischütz“ im vergangenen Jahr mit Maximilian Ponaders seltsamen Regie- und Ausstattungseinfällen.

„Der Freischütz“ war vor der Premiere bestens verkauft worden. Fitzner, der vorab nie auf die Verkaufszahlen schaut, wünscht sich erneut solche Ticketnachfrage. „Friedrich von Flotows ,Martha‘ vor zwei Jahren hat gezeigt, dass auch weniger bekannte Opern einen wahren Run auf die Karten auslösen können.“

Bevor die Oper am 11. August Premiere feiert, lädt das Orchester am 29. Juli zur First Night, dem traditionellen Eröffnungskonzert. Oliver Weder wird Beethovens 5. Sinfonie und die Ouvertüre zu „Anacreon“ von Cherubini dirigieren. Fitzner steht bei „Faust“ am Pult, beim Familienkonzert und bei der Last Night am 2. September. Dazu eingeladen hat der Orchesterchef den Posaunisten und Komponisten Mike Svoboda, einen ehemaligen Studienkollegen, dessen 23-minütige Collage „Love Hurts – Carmen Remix“ zu hören sein wird.

Längst zum Selbstläufer geworden sind die Wandelkonzerte, eine Mischung aus kammermusikalischen Perlen, Information und Schlossräumen, die sonst zum Teil nicht zugänglich sind und sich in kleine Konzerträume verwandeln. Elfmal wird mit den Musikern des Philharmonischen Kammerorchesters in diesem August gewandelt. Alle Konzerte sind ausverkauft. Fitzer hat zwei Zusatzkonzerte am 27. August ins Programm genommen. Dass es für die auch nur noch Restkarten gibt, spricht für das Format.

Was wünscht sich Fitzner für die 22. Auflage der Schlossfestspiele? Ein begeisterungsfähiges Publikum, ja und gutes Wetter, sagt er. Zumindest müsse das Orchester bei einem Nieselregen nicht sogleich vom romantischen Schlossinnenhof in den Fürstlichen Marstall umziehen. Erstmals gibt es eine Überdachung für die Musiker und ihre empfindlichen Instrumente. Es ist ein Versuch, um möglichem schlechtem Wetter zu trotzen. Man müsse abwarten, ob und wie sich das Dach auf die Akustik auswirke.