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Film Intensives Kammerspiel

Der Film „Das Geständnis“ erzählt von den letzten Monaten der DDR in der Berliner Mordkommission. Er kommt am Donnerstag in die Kinos.

Von Grit Warnat 13.09.2016, 01:01

Magdeburg l Dieser Film über die Kriminalarbeit in Ost-Berlin im Jahr 1988 beginnt nicht mit der eigentlich zermürbenden Ermittlungsarbeit, sondern mit jeder Menge Agitation einer der immer wieder angesetzten Versammlungen der Parteigruppe. Wer bei der MUK, der Morduntersuchungskommission arbeitet, ist Mitglied der Partei. Und so geht es um Linientreue, um Wandzeitungsgestaltung, ums gemeinsame Singen. „Auf, auf zum Kampf“ wird etwas müde angestimmt, die Parteiarbeit wird von einigen in der Truppe nicht wirklich ernst genommen. Denn es gibt Dringenderes zu tun. Auch im Arbeiter- und Bauernstaat türmen sich die Kriminalfälle. Gerade wurde einer Frau der Bauch aufgeschlitzt, rechte und linke Bauchseite auseinandergeklappt. War es ein Serienmörder?

Der Fall, über den öffentlich nicht geredet werden darf, scheint schnell geklärt, doch der Denkansatz von Micha, gespielt von Bernd Michael Lade, geht in eine andere Richtung. Micha hält sich nicht an Vorgaben und eckt bei seinen parteitreuen Vorgesetzten an. Mit jedem neuen Fall spürt er, dass nicht der Erfolg der kriminalistischen Arbeit im Vordergrund steht. Vielmehr sollen Dienststrukturen eingehalten und Befehle ohne nachzudenken befolgt werden. Ermittlungen werden wie im Falle eines Angehörigen der Roten Armee unterdrückt. Es wird vertuscht.

Bernd Michael Lade, bekannt als langjähriger „Tatort“-Ermittler an der Seite von Hauptkommissar Ehrlicher, zeichnet für die Regie und das Drehbuch verantwortlich, dessen Basis Aufzeichnungen eines DDR-Kriminalisten waren. Und er selbst übernimmt die Rolle des aufmüpfigen, ehrlich seine Meinung sagenden Micha und gibt einen Blick auf sich als Punk in der DDR – unangepasst und immer wieder im Blick der Polizeiorgane.

Der Film ist ein Kammerspiel mit intensiven Dialogen und intensivem Spiel. Es gibt keine Fotos vom Morden und Töten. Lade setzt ganz auf die Schauspieler, verzichtet auf jegliches Beiwerk und abgesehen von einer roten Tischdecke zur Parteiversammlung auch auf jedwede Farbtupfer. Büros, Kleidung, Haare, alles ist im tristen Einheitsbraun – wie die DDR war. Und weil sie auch für Enge stand, finden all die Ermittlungen, Vernehmungen, Diskussionen, die Ausein­andersetzungen und Anfeindungen in nur zwei Räumen statt. In diesem Film gibt es kein Draußen, nur das Drinnen. Und eben dort lächelt leise Erich Honecker von der Wand.

Bernd Michael Lade, so sagt er selbst über den Film, wollte über das gern gezeigte Tapetenmuster hinausgehen und ein besonderes Stück Authentizität transportieren. Er setzt auf Minimalismus in Raum und Musik, und auf eine Kameraführung, die dank der vielen Schrägeinstellungen immer wieder neue Dynamik in die Szenerie bringt.

Der Schauspieler und Regisseur, der gemeinsam mit seiner Frau Maria Simon („Polizeiruf“) auch als Produzent fungiert, thematisiert mit dem Streifen „Das Geständnis“ das Ende der DDR und mit diesem Ende die Auflösungerscheinungen in ihrem Machtapparat. Das kleine Team steht sinnbildlich für den einstigen Umgang miteinander, für die Angst, ehrlich seine Meinung zu sagen, für Inkompetenz in Chefetagen. „Schade, dass in unserem schönen Land solche Morde passieren“, sagt der General als Chef zu seinen ermittelnden Polizeileuten.

„Das Geständnis“, Deutschland 2015, 112 Minuten, Prädikat „besonders wertvoll“, startet am 15. September in den deutschen Kinos und ist unter anderem im Magdeburger Moritzhof zu sehen.