1. Startseite
  2. >
  3. Kultur
  4. >
  5. „Was lenkt diesen Stier?“

Fernsehfilm „Was lenkt diesen Stier?“

ZDF zeigt Doku-Drama über Uli Hoeneß mit Thomas Thieme in der Hauptrolle.

Von Britta Schultejans 26.08.2015, 23:01

München (dpa) l Es war der Prozess des Jahres: Am 13. März 2014 schickte das Landgericht München Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe ins Gefängnis. Jetzt kommt ein Film über das aufsehenerregende Gerichtsverfahren ins Fernsehen. Das ZDF strahlt heute (20.15 Uhr) das Doku-Drama „Uli Hoeneß – Der Patriarch“ aus.

28,5 Millionen Euro Steuern – diese gewaltige Summe hat Hoeneß hinterzogen, wie er vor Gericht einräumte. Eine dreieinhalbjährige Haftstrafe brachte ihm das ein, die er im Juni 2014 antrat. Anfang dieses Jahres wurde der 63-Jährige Freigänger und muss inzwischen nur noch zum Schlafen in den Knast. Hoeneß arbeitet inzwischen tagsüber in der Nachwuchsabteilung des FC Bayern, Anfang März 2016 könnte er endgültig auf freien Fuß kommen.

„Es gibt ja nur noch Wegducker und Rumschleimer – und Hoeneß knallt mit der Tür ins Haus. Das ist teilweise total sinnlos, teilweise aber auch sehr intelligent“, sagte Schauspieler Thomas Thieme, der Hoeneß in den nachgedrehten Szenen spielt. Einfach kopieren wollte er Hoeneß nicht. Er habe versucht, ihm in die Seele zu blicken. „Ich musste rauskriegen: Was lenkt diesen Stier?“

Bei dem Versuch, diese Frage zu beantworten, wechseln sich im Film nachgedrehte, auf Mitschriften einer Gerichtsreporterin beruhende Szenen ab mit Interviews und Archivaufnahmen aus dem bewegten Leben des berühmten Fußball-Funktionärs und Ex-Präsidenten des FC Bayern München. Die schwächsten Szenen sind dabei die nachgedrehten, fiktiven aus der Jugend und Sturm- und Drang-Zeit von Hoeneß, die stärksten die realen Interviews und Aufnahmen, die heute nahezu historischen Wert haben – darunter Hoeneß‘ Talkshow-Äußerungen über Steuersünder aus der Zeit, in der er noch als ehrliche Stimme des Volkes galt und sogar Kanzlerin Angela Merkel beriet.

Er habe lange mit Hoeneß‘ Sohn telefoniert, sagte Produzent Walid Nakschbandi. Hoeneß selbst habe er drei Briefe geschrieben – die bislang aber unbeantwortet geblieben seien. Die Familie kommt im Film nicht zu Wort – dafür aber Sportreporter wie Waldemar Hartmann, der verrät, dass Hoeneß die Börsentiere Bulle und Bär als Mosaik in seinen Pool eingelassen hat, Ex-Fußballmanager Reiner Calmund und die Gerichtsreporterin der „Süddeutschen Zeitung“, Annette Ramelsberger.

Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger zitiert seinen Vorgänger Egidius Braun mit folgendem Satz über Hoeneß: „Der hatte ein erotisches Verhältnis zum Geld.“ Er ist nicht der einzige, der eine Beobachtung dieser Art gemacht hat.

„Wir wollten dem wahren Uli Hoeneß so nah wie möglich kommen“, sagte ZDF-Kulturchef Peter Arens. Darum habe man die Form des Doku-Dramas gewählt. In Rückblenden werden auch die sportlichen Erfolge des späteren Steuerkriminellen in Archivbildern eingeblendet. Es gibt auch Bilder des zertrümmerten Flugzeugs, dessen Absturz er 1982 als Einziger überlebte. Dazu kommen nachgedrehte Szenen aus seiner Jugend. Der junge Hoeneß wird dabei gespielt von Robert Stadlober.

Neben Hoeneß – alt und jung – haben die Macher sich Mühe gegeben, alle Protagonisten so echt wie möglich aussehen zu lassen: von Susanne Hoeneß (Lisa Kreuzer) über Richter Rupert Heindl (Uwe Preuss), Staatsanwalt von Engel (Peter Kremer) und Hoeneß‘ Verteidiger Hanns W. Feigen (Hanspeter Müller-Drossaart) bis hin zu den Fußball-Legenden, die mit Hoeneß im Mannschaftsbus sitzen. Überraschung dabei: Fußballspieler Jens Jeremies wird in einer Mini-Rolle gespielt von dem „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“-Star der ersten Stunde: Andreas Elsholz.

Das ZDF ist nicht der einzige Sender, der den Fall Hoeneß als Fernsehstoff entdeckt hat: Sat.1 zeigt am 8. September die Satire „Udo Honig – Kein schlechter Mensch“. Die Hauptfigur wird darin gespielt von Uwe Ochsenknecht. Der sagte bei der Präsentation der ersten Bilder aus dem Film, Ex-Bayern-Präsident Hoeneß könne froh sein, dass eine Satire über ihn ins Fernsehen kommt. „Wenn einer über mich einen Film macht, wär ich schon ein bisschen stolz.“