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Grimme-Preis Das Leben muss gezählt werden

Jörg Haaßengier und Jürgen Brügger für den Film „Vom Ordnen der Dinge“ den Grimme-Preis. Uta Baier sprach mit Jörg Haaßengier.

05.04.2016, 23:01

Warum haben Sie einen Film über das Thema Ordnung und Ordnungen, über Zahlenfreunde, Listenverwalter und Zettelkasten-fanatiker gedreht?

Jörg Haaßengier: Wir hatten schon während unseres Studiums an der Hochschule für Medien in Köln die Idee, einen Film über das Verzetteln zu machen. Die Idee ist also etwa zehn Jahre alt. Sich zu verzetteln ist so eine Erfahrung, die wahrscheinlich jeder aus dem Studium kennt. Daraus wurde dann der Film über das Herstellen von Ordnung und über die Suche nach ihr.

Woher kennen Sie die Menschen, von denen Ihr Film handelt? Die beiden jungen Männer etwa, die ständig ihr Leben vermessen, ihre Hirnströme aufzeichnen und auf der Grundlage dieser Daten zum Beispiel ihr Lungenvolumen steigern wollen.

Wir haben für den Film insgesamt eineinhalb Jahre recherchiert und viele Kontakte geknüpft. Einen der beiden jungen Männer fanden wir über das Internet. Bis wir ihn filmen konnten, dauerte es allerdings Monate.

Ein Teil Ihres Films spielt in Sachsen-Anhalt. Sie begleiten ein Vermesserteam, das durchs Land fährt und die Landschaft in der Höhe vermisst. Warum Sachsen-Anhalt? Wie kamen Sie auf dieses Team?

Wir haben während unserer Recherchen erfahren, dass das deutsche Haupthöhennetz erneuert werden soll. Federführend ist da das Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt. So kam der Kontakt zu dem Magdeburger Team zustande.

In den vergangenen Jahren haben Sie einen Film über Taubenzüchter gedreht, einen anderen über private Paradiese, nun einen über das Ordnen von Dingen und irgendwie der ganzen Welt. Was gefällt Ihnen an diesen Themen und Menschen, die die meisten eher belächeln würden, wenn sie von ihnen wüssten?

Wir haben schon ein großes Interesse am Skurrilen und einen Hang zum Absurden, das will ich nicht bestreiten. Wir wollen gern einen schrägen Blick auf das Normale liefern.

In Ihrem preisgekrönten Film werden nur Männer vorgestellt – ist das Ordnen der Welt eine typische männliche Eigenschaft?

Dass keine Frauen vorkommen, war keine Absicht. Wir wurden, während wir den Film machten, von unserer Redakteurin geradezu aufgefordert, Frauen mit Hang zum Ordnen und zur Ordnung zu finden. Das ist uns nicht gelungen.

Sie bekommen mit dem Grimme-Preis eine Urkunde und eine sogenannte Trophäe, so etwas wie einen Pokal. Damit kann man keinen neuen Film drehen. Was ist Ihr nächster Film? Und wie finanzieren Sie ihn?

Unser nächster Film handelt von Menschen, die sich mit Katastrophenszenarien beschäftigen. Versicherungsangestellte zum Beispiel oder Menschen, die Katastrophenübungen vorbereiten. Die Dreharbeiten beginnen in diesem Sommer. Um die Finanzierung kümmert sich unsere Produktionsfirma Filmtank.