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Affäre Böhmermann Ermittlungen eingestellt

Es fehlt der erforderliche Nachweis einer Straftat. Die Ermittlungen gegen Satiriker Jan Böhmermann werden nicht fortgesetzt.

04.10.2016, 14:40

Mainz (dpa) l Die Ermittlungen gegen ZDF-Moderator Jan Böhmermann wegen dessen "Schmähgedichts" über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind eingestellt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Mainz am Dienstag mitteilte, seien "strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen". TV-Satiriker und Grimme-Preisträger Böhmermann hatte sein Gedicht "Schmähkritik" Ende März in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen.

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen Verdachts auf Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts ermittelt. Dabei ging es zum einen um den Strafantrag Erdogans wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches. Zum anderen hatte die Bundesregierung die Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen des Vorwurfs der Beleidigung von Vertretern ausländischer Staaten nach Paragraf 103 erteilt. Parallel dazu kommt eine Privatklage Erdogans gegen Böhmer- mann am 2. November in Hamburg vor Gericht.

Insbesondere ist sich die Staatsanwaltschaft nicht sicher, ob Böhmermann Erdogan vorsätzlich beleidigt hat. Auch sei fraglich, ob es überhaupt eine Beleidigung war – dazu sei "die Äußerung eines herabwürdigenden persönlichen Werturteils über einen Dritten" nötig. Dagegen könnte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sprechen, dass der Beitrag als Beispiel für eine Überschreitung der Meinungsfreiheit dienen sollte.

Böhmermanns Anwalt kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel:  "Anders als etwa die Bundeskanzlerin, die offenbar in Unkenntnis des genauen Sachverhalts ihren Regierungssprecher die satirische Nummer von Herrn Böhmermann sogleich pauschal als "bewusst verletzend" bewerten ließ, noch dazu gegenüber einer ausländischen Regierung, hat die Staatsanwaltschaft erkannt, dass man das Gedicht nicht solitär betrachten kann", teilte Schertz am Dienstag mit. Merkel hatte ihre Äußerung, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst verletzend", später allerdings selbst als Fehler bezeichnet.

Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Mainz: "Das ist die einzig richtige Entscheidung. Damit ist klar, dass in Deutschland die Satirefreiheit einen höheren Stellenwert besitzt als die Ehrpusseligkeit eines Autokraten", teilte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall mit. "Herr Erdogan sollte sich weniger um seine persönliche Reputation und mehr um die Wiederherstellung der Grundrechte in der Türkei kümmern."

Mit seinem Gedicht über Erdogan wollte Böhmermann nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik aufzeigen. Der Text handelt unter anderem von Sex mit Tieren und Kinderpornografie und transportiert außerdem Klischees über Türken. 

Vor der Zivilkammer des Landgerichts Hamburg geht es im November in mündlicher Ver- handlung noch einmal um Böhmermanns Gedicht. Der türkische Präsident will erreichen, dass der gesamte Text verboten wird. Auf seinen Antrag hatte das Hamburger Landgericht bereits im Mai eine einstweilige Verfügung gegen Böhmermann erlassen. Der ZDF-Moderator darf demnach den größeren Teil seines Gedichts nicht wiederholen. Bei dem Beschluss ging es um Passagen, die Erdogan dem Gericht zufolge angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen müsse.