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Konzert Rainald Grebe sucht immer eine Kante

Rainald Grebe gibt mit der Kapelle der Versöhnung am 14. Juli in Magdeburg ein Konzert.

Von Grit Warnat 07.07.2016, 01:01

Volksstimme: Sie treten in Torgau, Senftenberg, Plauen, Magdeburg auf. Sie lieben die ostdeutsche Provinz?

Rainald Grebe: Das Wetter ist dort besser als anderswo.

Warum haben Sie dann so bitterböse Hymnen auf die ostdeutschen Bundesländer geschrieben?

Bitterböse ist das nicht. Es sind versteckte Liebeserklärungen.

 

Ihr Sachsen-Anhalt-Song ist nicht mehr aktuell. Unsere Frühaufsteher-Kampagne ist beendet.

Ist das Schild an der Autobahn etwa abgeschraubt?

 

Noch nicht.

Vielleicht ist es ja von den Frühaufstehern einfach vergessen worden.

Werden Sie in Magdeburg Ihre Sachsen-Anhalt-Hymne singen?

Wir haben kein festes Programm. Wir sind seit zwei Wochen auf Tour, haben einen Sack voll Lieder und machen jeden Abend anders. Ich kann mir aber ganz gut vorstellen, dass wir in Sachsen-Anhalt diese Hymne singen.

Sie haben auch Mike aus Cottbus und den Prenzlauer Berg mit einer gewissen Häme besungen. Haben Sie keine Angst, dass die Menschen Sie nicht mehr mögen?

Das passiert schon. Aber erfahrungsgemäß ist es so, dass die Menschen, die sich Karten für unseren Auftritt kaufen, das mögen. Sie sind noch nicht beim Konzert gewesen, um mich mit Salat zu bewerfen.

Sie haben „Aufs Land“ getextet und darin besungen, dass Sie raus aus der Stadt wollen, wo viele nur Burnout haben. Sind Sie raus aus Berlin?

Ich lebe noch in Berlin, habe aber tatsächlich ein Häuschen in Brandenburg und bin dort sehr gerne.

Ihr Brandenburg-Lied war nicht nett für die Brandenburger. Was sagen Ihre Nachbarn?

Ich komme dort immerhin ungeschoren durch. Und meine Nachbarn sind nett. Sie kommen übrigens aus Sachsen-Anhalt.

Sie besingen in dem Lied Brad Pitt im Adlon. Stimmt es, dass er Sie zum Song animiert hat?

Nicht persönlich, ich habe ihn ja nicht kennengelernt. Aber es gab in der Berliner U-Bahn ein Fenster mit Nachrichten. Hintereinander liefen da die Highlights für Berlin und Brandenburg. Da stand zu lesen: „Brad Pitt im Adlon“ und für Brandenburg eben „Kormorane gesehen“.

Gibt es einen Unterschied zwischen ost- und westdeutschem Publikum?

Also vor 20 Jahren hätte ich gesagt, die Ostdeutschen schauen anders Theater, sie lesen zwischen den Zeilen, sie sind wacher. Aber das hat sich leider auch angeglichen.

Werden Sie überall verstanden? Wenn Sie zum Beispiel in Baden-Württemberg über Sachsen-Anhalt singen?

Im Westen wird vielmehr gedacht, das darf doch der Wessi nicht, sich über den armen Osten lustig machen. Das ist im Osten anders. Da weiß man, dass ich dort wohne.

Sie haben einmal im „Spiegel“ gesagt, Sie fühlen sich als Unterschichtler.

Das habe ich gesagt? Nein, ich bin kein Unterschichtler, aber ich habe eine gewisse Afffinität dazu. Ich denke, ich fühle mich zu Proletariern hingezogen.

Sie haben als Puppenspieler mal angefangen, dann hatten Sie immer mehr Zuschauer. Waldbühne. Wuhlheide. Bleiben Sie sich da selbst treu?

Diese Auftritte waren ein Geschenk. Natürlich finde ich es schön, vor vielen Leuten auftreten zu können. Das macht Spaß, und das hat nichts mit Größenwahn zu tun. Das Treusein bezieht sich für mich immer auf Inhalt, auf jede Zeile, die ich sage. Wenn man Texte selber macht, ist es schwer, sich zu belügen.

Wie gelingt Ihnen die Balance zwischen Blödelei und Tiefgang?

Ich denke, es ist mein Wesen. Ich suche immer eine Kante, bei der ein gewisser Schmerz sich plötzlich umwandeln kann in Lachen. Das ist für mich das Leben, wie ich es gerne hätte.

Wann gibt es von Ihnen wieder ein neues Soloprogramm?

Im Oktober. Ich habe in den vergangenen drei Jahren fast nur Theater gemacht, ich bin nur noch unterwegs gewesen in Stadttheatern und habe Stücke und Abende gestaltet. Ich will aber wieder allein los. Mein letztes Soloprogramm ist vier Jahre her. Nach der Sommertour geht es an den Schreibtisch.

Haben Sie für das Programm schon einen Fahrplan?

Noch nicht. Im Moment ist noch zu viel im Kopf. Das muss ausgedünnt werden. Ich brauche noch ein Thema, eine Idee. Um die zu finden, werde ich mich nach Brandenburg verflüchtigen.

 

Am 14. Juli, 19 Uhr, gibt Rainald Grebe mit der Kapelle der Versöhnung in der Festung Mark ein Open-Air-Konzert. Karten gibt es in den Volksstimme-Servicecentern und bei biber ticket, Telefon 0391/5  99  97  00.