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Der Teufel führt Regie beim Berliner "Freischütz"

19.01.2015, 10:58

Berlin - "Der Freischütz" für Eilige: Michael Thalheimer, Meister der radikalen Verknappung klassischer Stücke, hat nun auch Deutschlands Nationaloper aufs Nötigste verkürzt.

Zwei Stunden ohne Pause und nur wenige Dialoge - an der Berliner Staatsoper ist Carl Maria von Webers (1786-1826) Dauerbrenner im Schnelldurchlauf zu sehen - vor gruftiger Kulisse und ganz ohne romantischen Wald.

Anders als auf der Sprechbühne sind Thalheimer in der Oper die Hände weitgehend gebunden: Er sei noch immer ein "Fremdgeher" am Musiktheater, hatte er vor der Premiere am Sonntag gesagt, die Musik bleibe unantastbar, an den Dialogen lasse sich aber arbeiten. So hat der Theatermann bei seiner fünften Opernregie gefeilt und nur jene Gespräche in der Inszenierung belassen, die für das Verständnis der Handlung unerlässlich sind.

Statt im romantischen Wald spielt sich das faustische Liebesdrama unter Jägern (Kostüme: Katrin Lea Tag) vor einem sich zum Saal hin öffnenden schwarzen Tunnel ab. Nur ein paar Äste erinnern an die Bäume - das 1821 uraufgeführte Werk ist in Berlin eine Veranstaltung im germanischen Untergrund (Bühnenbild: Olaf Altmann).

An der Staatsoper hatte Thalheimer, einer der gefeierten Theatermacher in Deutschland, 2005 als Opernregisseur mit Leo Janáeks "Katja Kabanowa" debütiert. Später führte er bei Mozarts "Entführung aus dem Serail" an Daniel Barenboims Staatsoper Regie. In Basel inszenierte er "Rigoletto", in Antwerpen "Die Macht des Schicksals". Ursprünglich war Thalheimer Schlagerzeuger, dann studierte er Schauspiel.

Alles in Thalheimers "Freischütz" ist Wolfsschlucht, jener Ort, an dem Max (Burkhard Fritz) im zweiten Akt seinen Pakt mit den dunklen Mächten eingeht, um sich die treffsichere Kugel im Wettschießen um seine geliebte Agathe (Dorothea Röschmann) zu sichern. Der Teufel Samiel (Peter Moltzen) ist stets dabei und lenkt seine Gestalten, als wären sie Puppen ohne Willen.

Mit Thalheimers Kürzungen treten an der Staatsoper umso deutlicher die Stimmen hervor, vor allem Anna Prohaska, Star des Staatsopern-Ensembles, die Agathes Freundin Ännchen als doppelbödige-laszive Verführerin gibt, sowie Falk Struckmann in der Rolle des Jägerburschen Kaspar, der seinen Freund Max zum Teufelspakt verführt. Gastdirigent Sebastian Weigle, Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper, bekommt viel Beifall für das Spiel mit der Staatskapelle Berlin.