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Nordharzer Städtebundtheater zeigt "Der Name der Rose" in der Stiftskirche Quedlinburg Intrigen und Morde hinter Kirchenmauern

Von Hans Walter 29.07.2013, 01:15

"Der Name der Rose" in der ausverkauften Stiftskirche hoch über den Dächern von Quedlinburg. Rosmarie Vogtenhuber setzte das mittelalterliche Spektakel des Nordharzer Städtebundtheaters gut in Szene.

Quedlinburg l Sieben Tage in der Geschichte eines an Buchsammlungen überreichen italienischen Klosters 1327. Sieben Tage voller Intrigen, Frömmigkeit und Machtspiele. Und mit fünf Morden an den Mönchen. Zu Tode gestürzt, ertrunken, erschlagen, vergiftet. Sherlock Holmes und sein Gehilfe Dr. Watson ermitteln. Pardon - die gab es freilich zu der Zeit noch nicht: Der englische Franziskaner William von Baskerville (hervorragend Jürgen A. Verch) und sein junger Begleiter, der Benediktinernovize Adson von Melk (Paul Maresch), klären den Kriminalfall auf.

Als "Der Name der Rose" nach dem Roman von Umberto Eco in der arg verknappten Stückversion von Claus J. Frankl 2007 erstmals startete, verglich die mit dem Theater kooperierende Quedlinburg-Tourismus-Marketing GmbH das Ereignis mit den Salzburger "Jedermann"-Festspielen von Hugo von Hofmannsthal. Das ist es freilich nicht. "Jedermann" balanciert wie ein holzschnittartiger Reigen als Mysterienspiel auf der Grenze von Leben und Tod. Das geht jeden Zuschauer existenziell an.

Der "Rose"-Krimi ist weiter angelegt. Er ist ein philosophischer Disput um den erhellenden Geist der Bücher. Um Papsttum und Inquisition. Um Macht und Ohnmacht der Liebe. Und um die furchtlose Überwindung der Angst vor dem Sterben: "Der Lachende fürchtet sich nicht vor dem Tod." Ganz im Sinne der Poetik des Aristoteles - einem der geheimen Hauptwerke in der Klosterbibliothek.

Die Österreicherin Rosmarie Vogtenhuber setzte - wie 2007 - das Geschehen mit einem großen Aufgebot an Gast-Schauspielern in Szene. Mit kenntnisreicher Sicht auf die Geschichte des historischen Aufführungsortes, mit kluger Bearbeitung des Frankl-Stücks (Dramaturgie Johanna Jäger).

Diesmal um 180 Grad gedreht. Spielte man in den ersten Jahren vor dem Kreuz und den Treppenstufen des Altar- und Chorraumes, so ist es 2013 der Eingangsbereich mit der Empore. Das ist szenisch karger. Und durch die Holzkonstruktion der Unterböden lärmender. Ein zweistufiges Podest (Ausstattung Anita Fuchs) sollte eigentlich gute Sicht ermöglichen, aber es ist noch zu niedrig. Spätestens ab der dritten, vierten Reihe sehen die ebenerdig sitzenden Zuschauer wenig von den Vorgängen auf der Bühne.

Den Löwenanteil des Erfolgs heimst Jürgen A. Verch ein - ein Schauspieler und langjähriger Clown in Spitzen-Zirkussen. Er kommt mit dem Hall der Stiftskirche bestens zurecht; ja, er scheint mit ihm durch deutliche Artikulation und seine große gestische Präsenz regelrecht zu spielen. Sein Adlatus Adson bleibt als tapsiges Jüngelchen dagegen farblos. Herausragend ist Salvatore (Teresa Zschernig) in artistischer Körperlichkeit.

Auffallend, dass die älteren Akteure fast ohne Ausnahme gut sprechen können: Arnold Hofheinz als hoffärtiger Abbo von Fossanova. Jochen Kielpinski als Gärtner Severin. Wolfgang Kaul als blinder Benediktiner Jorge von Burgos, Seher, Schatzbewahrer der Bibliothek, Mörder, Brandstifter. Die jüngeren Schauspieler tun sich schwer, in Sprache und Gestik dagegen anzukommen. Das huschelt und nuschelt sich so dahin - und macht es schwer, Zugang zu tieferen Schichten des Werks zu erlangen. Martin Orth leistete als musikalischer Leiter des mönchischen Chores Hervorragendes. Dessen liturgische Gesänge sind sauber und klangschön zur Strukturierung des Stückes eingesetzt.

Den Running Gag dieser Inszenierung spielt die seitliche Tür der Stiftskirche: Immer wieder öffnet oder schließt sie sich mit viel Getön, um Ermordete, Kirchenfürsten oder Gefangene herein- oder herauszulassen. "Der Name der Rose" 2013, eine Attraktion für die UNESCO-Welterbe-Stadt, bekam viel Applaus.

Nächste Vorstellungen: 31. Juli, 2. und 7. August