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Santiano über ihr Erfolgsgeheimnis, den Echo und die Wucht des neuen Albums Mit Windstärke 6 an die Chartsspitze

10.08.2013, 01:06

Mit ihren Seemannsliedern sind die fünf Shanty-Pop-Rocker von Santiano in See gestochen. Grit Warnat hat mit dem Flensburger Santiano-Gitarristen Hans-Timm Hinrichsen (46), genannt Timsen, über Seemannslieder, das Leben mit dem Erfolg und das neue Album gesprochen.

Volksstimme: Sommer heißt Urlaub. Haben die Musiker von Santiano Zeit zum Faulenzen?

Timsen Hinrichsen: Wir haben jetzt acht Tage richtigen Band-Urlaub, weil unser Geiger Pete Sage zu seiner Familie nach England gefahren ist.

Volksstimme: Das ist gerade mal eine Woche.

Hinrichsen: Wir schalten aber zurück, sind sporadisch unterwegs. Es ist im Moment nicht so wie in den vergangenen Monaten, als wir ständig auf Tour waren. Zu Hause zu sein, abends im eigenen Bett zu liegen, das ist schon Urlaub für uns.

Volksstimme: Sie haben 2012 das erste Album herausgebracht, dieses Jahr das zweite. Sie haben Platz 1 der Charts erklommen, den begehrten Echo erhalten. Alles in zwei Jahren. Wie hat das Ihr Leben verändert?

Hinrichsen: Der Zeitaufwand für unsere Musik ist natürlich wesentlich größer geworden, die Auftritte, die Tour, Talkshows, Fernseheinladungen. Wir reisen viel, stehen in der Öffentlichkeit. All das fühlt sich ganz anders an als unser bisheriges Leben.

Volksstimme: Was haben Sie vor Santiano gemacht?

Hinrichsen: Ich war von uns der Einzige, der noch immer einen bürgerlichen Beruf ausgeübt hat. Ich bin Heilpädagoge. Die anderen haben Theater gespielt oder hatten Soloprojekte.

"Ich bin Heilpädagoge und habe bis Mitte letzten Jahres noch Vollzeit gearbeitet"

Volksstimme: Arbeiten Sie noch in Ihrem Job?

Hinrichsen: Ich habe bis Mitte letzten Jahres noch Vollzeit gearbeitet, bis zum vergangenen Monat immer noch halbtags. Jetzt habe ich mich für ein Jahr freistellen lassen.

Volksstimme: Das heißt, Sie wollen zurück von der Bühne in Ihren Job?

Hinrichsen: Eigentlich habe ich das so vor. Ich weiß ja nicht, wie lange Santiano so gut läuft.

Volksstimme: Sie feiern unglaubliche Erfolge mit Seemannsliedern. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Hinrichsen: Ich denke, dass unsere Lieder in die Zeit passen. Die Gesellschaft driftet auseinander, Reich kümmert sich ums Vermögen, Arm bleibt arm. Wir drücken in unseren Liedern ein Zusammengehörigkeitsgefühl aus, ein Gefühl, füreinander einzustehen. Das vermissen viele, das trifft den Nerv. Vielleicht findet man uns aber einfach auch nur nett. Ganz ehrlich: Eigentlich wollen wir gar nicht hinter das Geheimnis unseres Erfolges kommen. So ein bisschen Zauber soll ja erhalten bleiben.

Volksstimme: Sie haben sich 2011 bei einer Party zusammengefunden. Wer kam auf die Idee, mit aufgepeppten klassischen Seemannsliedern gemeinsam auf der Bühne zu stehen?

"Vielleicht gehen wir eine neue Scheibe an. Wir haben Ideen, aber fahren immer auf Sicht"

Hinrichsen: Wir kannten uns ja alle schon und hatten dann bei der Party bei einem unserer Produzenten in Flensburg gespielt. Das klang gut, es gab ein Demo, die Platte, und schwupps gings los mit dem Erfolg. Das ist wirklich unglaublich.

Volksstimme: Bleibt Zeit zum Genießen?

Hinrichsen: Wir liegen nicht mit dem Glas Rotwein auf dem Sofa und sagen, wow, wir haben es geschafft. Es ist eher eine Freude darüber, dass wir alten Hasen so etwas noch mitmachen können. Für uns ist es unglaublich spannend, in der oberen Liga mitzuspielen. Das genießen wir.

Volksstimme: In diesem Jahr gab es den Echo in der Kategorie volkstümliche Musik. Ordnen Sie sich da selbst ein?

Hinrichsen: Wir fühlen uns da schon richtig aufgehoben. Ich gebe zu, wer uns erlebt, meint nicht, dass wir volkstümliche Musik machen. Bei uns gehts ja schon gut zur Sache.

Volksstimme: Sie waren bei Carmen Nebel zu Gast, traten als Vorband von Helene Fischer auf ihrer Tour auf und spielten dann beim legendären Heavy-Metal-Festival in Wacken. Das sind doch zwei völlig verschiedene Welten. Wie passen die zusammen?

Hinrichsen: Ganz ehrlich, das wissen wir auch nicht. Wir waren im vergangenen Jahr schon beim Wacken-Festival und zwischenzeitlich mit lauter Metal-Bands auf einem Kreuzfahrtschiff unterwegs. Wir wurden akzeptiert, die Fans haben mit uns gefeiert. Sie fanden uns witzig, kultig. Wir staunen selbst über diese Publikumsbreite.

Volksstimme: Das zweite Album "Mit den Gezeiten" ist in der Musik wuchtiger als das erste. Die Band selbst sagt, es herrscht Windstärke 6. Zeigt das schon eine musikalische Entwicklung?

Hinrichsen: Ja. Auf der Tour im letzten Jahr haben wir ordentlich Betrieb gemacht mit Schlagzeug und E-Gitarre und gemerkt, dass die Fans Spaß an mehr Wucht und Power haben. Wir fühlten uns auf der sicheren Seite, wenn wir mehr Gas geben. Die Plattenfirma hat uns auch nicht gebremst. Zum Glück. Nach drei Wochen war das Album schon auf Goldkurs.

Volksstimme: "Leinen los, volle Fahrt Santiano" heißt einer Ihrer Songs. Wohin geht die Fahrt?

Hinrichsen: Es geht live weiter. Wir wollen im Herbst bis Weihnachten und ab Februar auf Tour gehen, planen Zusatzkonzerte im April. Danach müssen wir mal sehen. Vielleicht gehen wir eine neue Scheibe an. Wir haben viele Ideen, aber wir fahren immer auf Sicht.

Santiano planen nach dem ausverkauften Konzert im April in der Stadthalle zwei weitere Auftritte in Magdeburg: 14. Dezember 2013 und 13. April 2014, beides in der Getec-Arena, sowie am 15. Dezember in der Harzlandhalle Ilsenburg. Karten gibt es unter biber ticket 0391/5999-700.