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NS-Raubkunst in den Sammlungen der Stadt Nürnberg / Erste Rückgabe steht kurz bevor Schwierige Suche in der Vergangenheit

22.01.2014, 01:28

Nürnberg (dpa) -l Der Künstler hat den "Schönen Brunnen" am Nürnberger Hauptmarkt in Ölfarben auf Leinwand verewigt. Das Gemälde ist weder wertvoll noch besonders spektakulär. Vermutlich genau deshalb lag das Bild mit der Inventarnummer "Gm 1514" rund 80 Jahre lang unbeachtet in einem Kunstdepot der Stadt Nürnberg.

Erst jetzt kam ans Licht: Ein jüdischer Kunsthändler kaufte das Gemälde 1925. Als ihn die Nationalsozialisten verfolgten, floh er aus Deutschland. Sein Besitz wurde zwangsversteigert. Das Bild ist damit NS-Raubkunst.

Herausgefunden hat das der Kunstexperte Dominik Radlmaier. Seit knapp zehn Jahren sucht der 43-Jährige in den Sammlungen der Frankenmetropole nach Kulturgütern, die den Eigentümern während der NS-Herrschaft geraubt wurden.

Zwar hat Radlmaier rund 300 Kunstwerke überprüft. Bilder, Uhren, Krüge und Goldschmiedearbeiten. Auf seiner Liste stehen weitere 300 Objekte allein aus der Zeit 1933 bis 1945. Die Stadt will zudem alle Kunstankäufe nach 1947 untersuchen lassen - 1600 Gemälde, 11 000 Grafiken und 1000 Skulpturen. Acht Objekte hat der Provenienzforscher eindeutig als NS-Raubkunst identifiziert. Bei elf weiteren besteht ein konkreter Verdacht.

In Nürnberg wurden "die Kunstwerke meistens von Galerien oder Auktionshäusern und mit Kaufvertrag erworben", sagt Stadtarchivleiter Michael Diefenbacher. Unklar ist fast immer, woher die Kunsthandlungen die Bilder hatten. Denn die Unterlagen wurden während des Zweiten Weltkriegs vernichtet. Um etwa die Besitzverhältnisse des Ölbildes "Gm 1514" aufzuklären, benötigte Radlmaier drei Jahre. Zahllose Briefwechsel, Telefonate und Nachforschungen in deutschen Kunstarchiven waren notwendig. Jetzt steht fest: Das Bild erwarb die Stadt 1936 von einer Berliner Galerie. In Besitz des Kunsthändlers kam es allerdings unrechtmäßig - er hatte das Bild gekauft, als das Vermögen des jüdischen Vorbesitzers zwangsversteigert wurde.

Um nach der langen Zeit die rechtmäßigen Eigentümer von Raubkunst zu finden, bauen viele Einrichtungen auf die Hilfe der Koordinierungsstelle für Kulturgutdokumentation und Kulturgutverluste in Magdeburg. Sie betreibt im Internet die größte Datenbank für NS-Raubkunst und Beutekunst.