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Das Ballett "Giselle" trifft den Nerv des Publikums in Halberstadt Voller Leichtigkeit und mit viel Magie

Mit dem Ballett "Giselle" bereitete das Nordharzer Städtebundtheater dem
Publikum im fast ausverkauften Großen Haus Halberstadt am Freitag eine
große Premierenfreude. Zum Schluss gab es neun Minuten Ovationen im
Stehen.

Von Hans Walter 03.03.2014, 01:34

Halberstadt l Als dritte Produktion in dieser Spielzeit zeigte das kleine, von wahrer Tanzlust beseelte Ballettensemble "Giselle" mit der Musik von Adolphe Adam. Ein wahrhafter Griff nach den Sternen. Es gilt neben "Schwanensee" als das Ballett der Romantik schlechthin.

Die ungemein schwierige Choreografie verlangt den Tänzern in puncto Technik und Virtuosität alles ab. Das meisterten das Corps de Ballett, das Orchester, die erstmals mitwirkende Theaterballettschule Magdeburg und die Tanzstatisterie in beglückender Weise.

Gruß an den erkrankten Ballettmeister in Polen

"Ein großes Ballett wie vor 25 Jahren", würdigten Besucher das Ereignis, bei dem von der Live-Musik, von der Ausstatterin Wiebke Horn, von der Kostümschneiderei bis zum Lichtdesign und der Ankleiderei das ganze Theater seine volle Kraft in die Inszenierung hineingab. Ganz im Sinne des erkrankten polnischen Ballettmeisters Jaroslaw Jurasz, der nur den ersten Akt konzipieren konnte, bevor er ausfiel. Ein Glückwunsch zu diesem von ihm geformten tollen Ensemble als Gruß an ihn. Die Solotänzer Anna Vila und Jaume Bonnin übernahmen die Inszenierung und das strenge Training, unterstützt in der choreografischen Assistenz von der Italienerin Gabriella Gilardi vom Dessauer Ballett.

Fast den ganzen zweiten Akt hindurch lassen sie die Wilis auf Spitze tanzen! Die von Heinrich Heine beschriebenen sagenhaften Wilis sind dabei junge weibliche Wesen, die vor ihrer Hochzeit starben. Nachts verlassen sie ihre Gräber, um bis zum Morgengrauen zu tanzen. Kommt ein Lebendiger in ihren Reigen, tanzen sie so ungestüm mit ihm, bis ihn der Tod ereilt.

Es ist wundervoller Tanz! Als Giselle und Prinz Albrecht treten Masami Fukushima und Jaume Bonnin an. Großes Liebes-Kino.Etwa mit Giselles Solo aus dem ersten Akt oder mit Giselles und Albrechts Grand Pas de deux im zauberhaft nebelverhangenen zweiten Akt. Wildhüter Hilarion (Vinicius da Silva) zeigt seine Eifersucht in wütenden Attacken gegen den Nebenbuhler - und dann in Trauer und Resignation.

Immer wieder von Szenenbeifall unterbrochen

Das Bauernpaar Yuriya Nakahata und Alexandre Delamare - ein kunstvoll-sprunggewaltiges Duo, in seinen Tänzen alles andere als geerdet, sondern himmelsstrebend. Als Myrtha, Königin der Wilis, ist Marine Fernandez der drängende, mörderische Part.

Anna Vila übernahm in der Premiere die eher kleine Rolle als Bathilde, Albrechts Verlobter. So aber konnte sie die Wirkung ihrer Choreografie beobachten. Grandios, immer wieder von Szenenbeifall unterbrochen. In den folgenden Vorstellungen wechseln die Solisten die Rollen. Sie sind damit nicht auf einen Tänzertyp festgelegt, sondern müssen sich in vielen Charakteren beweisen.

Michael Korth leitete das wundervolle Orchester. Bühnentanz mit Livemusik findet höchstens noch einmal pro Saison statt - umso schöner gestalte er den Klang mit Hörnern und Harfe, mit Streichern und Bläsern. Das Musizieren auf die Ausformung eines Schritts, einer Hebung, Pirouette oder Arabeske auf den Punkt genau führte zu manchen Ritardandi. Aber damit kam Korth dem romantischen Gestus der Musik, dem Geist und Seele atmenden Gehalt der Kompositionen Adolphe Adams schönstens entgegen.

Ein großartiges Erlebnis voller Leichtigkeit - im Orchestergraben wie auf der Bühne voller Magie.