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Theater der Altmark in Stendal war erste Station einer großen Tournee "Menschenskind" mit vielen Gesichtern

Die Schauspielerin und Sängerin Dagmar Manzel schlägt in ihrem Programm
"Menschenskind" einen Bogen von den frühen Zwanzigern zu den frühen
Sechzigern.

Von Birgit Tyllack 04.03.2014, 01:23

Stendal l Wünsch dir nichts, dummes Menschenkind! Wünsche sind nur schön, solang sie unerfüllbar sind." Dagmar Manzel hat bei ihrem Gastspiel am Sonnabend im Theater der Altmark gleich im ersten Lied den Bezug zum Titel ihres neuen Programms hergestellt. "Menschenskind" ist eine Hommage an Friedrich Hollaender, den Schöpfer vieler unvergesslicher Lieder und den Erfinder der Revuette, dieser Mischung aus Revue und Kabarett.

Die Sängerin und Schauspielerin schlägt einen Bogen von den frühen Zwanzigern zu den frühen Sechzigern, von dem Liedzyklus "Lieder eines armen Mädchens" bis hin zu "Circe" aus der letzten Hollaender -Revue "Futschikato".

Und dabei verzaubert sie das Publikum vom Anfang bis zum Ende. Mal mit den frech-witzigen Liedern wie "Die Kleptomanin" oder mit dem "Nachtgespenst". Im nächsten Moment mit den erotisch angehauchten "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" oder "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre".

Dazwischen immer wieder "Lieder eines armen Mädchens", in denen Manzel die armseligen Berliner Hinterhöfe vor dem geistigen Auge entstehen lässt. In diesem Zyklus gibt es Lieder, die betroffen machen, wie "Currendemädchen", und Lieder, die den Zuhörer schwanken lassen zwischen Betroffenheit und Amüsiertheit. Zu den letzteren gehört "Wenn ick mal tot bin". Manzels "liebstes Lieblingslied" - wie sie dem Publikum mitteilt. Lieschen Puderbach träumt von einer schönen Beerdigung - im weißen Seidenkleid und mit vielen Kerzen - "Die wolln mir alle sehn, wenn ick mal tot bin...ach, det wird zu scheen!"

Die Kunstfigur aus dem proletarischen Wedding der Zwanziger Jahre hat Hollaender übrigens seiner ersten Ehefrau Blandine Ebinger auf den Leib geschrieben. Doch auch Manzel kann Berliner Göre sein. Ebenso wie verruchte Barsängerin im Stil einer Marlene Dietrich. Sie ist Meisterin der kleinen Gesten mit großer Wirkung und sie ist eine wunderbare Sängerin. Nicht im klassischen Sinn, doch ihre Stimme berührt und sie passt zu den Liedern von Friedrich Hollaender.

Die musikalische Leitung von "Menschenskind" liegt in den Händen von Michael Abramovich, der Dagmar Manzel sehr einfühlsam und wunderbar am Flügel begleitet. Abramovich ist ein virtuoser Pianist, in seinen Soli nimmt sein Spiel schier den Atem.

Premiere hatte "Menschenskind" im Februar an der Komischen Oper Berlin. Stendal war die erste Station einer großen Tournee, die die Sängerin in viele Städte führen wird. Unter anderem nach München, Dresden, Wörlitz und Wolfenbüttel. Im August endet die Tournee in Potsdam. Am 19. März und am 2. Mai wird Dagmar Manzel wieder in Berlin auftreten, dann mit Orchesterbegleitung.