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Adel Tawil im Interview "Nicht mal Romina Power war mir peinlich"

Nach drei Ich+Ich-Alben hat Adel Tawil seine erste Soloplatte
herausgebracht. Am 31. März stellt er "Lieder" in Magdeburg vor. Mit
Volksstimme-Redakteurin Elisa Sowieja sprach er vorab über bewegende
Textzeilen, Whitney Houston und die Zeit mit Annette Humpe.

10.03.2014, 01:30

Volksstimme: Ihr Song "Lieder" besteht aus Textschnipseln von Liedern, die Sie bisher begleitet haben. Sie werden sicher oft auf einzelne Zeilen angesprochen.
Adel Tawil: Auf "Ich ging wie ein Ägypter" vom Bangles-Hit "Walk like an Egyptian" sprechen mich tatsächlich viele an. Diese Zeile steht so prägnant am Anfang und kommt zweimal vor. Außerdem kennen viele die deutsche Coverversion von Die Ärzte.

Volksstimme: Wieso haben Sie diese Zeile ausgewählt?
Tawil: Sie spielt vor allem auf meine Wurzeln an. Mein Vater ist Ägypter, meine Mutter Tunesierin.

Volksstimme: Welche Textzeilen rufen die stärksten Erinnerungen hervor?
Tawil: Das sind die Passagen, die meine Geschichte erzählen. Wenn ich mit "Ich war einer von fünf Jungs" anfange, über meine Zeit bei der Boyband "The Boyz" zu singen, ist das für mich immer wieder eine Gänsehautstelle.

Volksstimme: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, ein Lied aus Liedern zu schreiben?
Tawil: Ich habe mich mit einem Freund darüber unterhalten, welche Musik ich über die Jahre gehört habe. Ich hatte eine Phase, in der ich großer Hip-Hop-Fan war. Aber gleichzeitig habe ich Michael Jackson geliebt, Nirvana gefeiert und fand Whitney Houston groß. So kamen wir auf die Idee.

Volksstimme: Ist ein Bekenntnis zu Whitney Houston für einen Ex-Hip-Hopper nicht peinlich?
Tawil: Als sie in den 80ern "I wanna dance with somebody" herausbrachte, war ich richtig verliebt in sie. Später wurde ihre Musik zwar sehr seicht. Aber Whitney hatte trotzdem eine Jahrhundertstimme. Mir war in "Lieder" nichts peinlich. Ich hatte sogar Albano und Romina Power drin. Diesen Teil haben wir aber aus reimtechnischen Gründen herausgenommen.

Volksstimme: Sie haben bestimmt auch Erinnerungen an Ihre Ich+Ich-Kollegin Annette Humpe eingebaut.
Tawil: Das stimmt. "Wie ein rollender Stein" bezieht sich auf einen Bob-Dylan-Song, den sie mir gezeigt hat. Das war damals großes Kino. Das Lied wurde schließlich vorher schon von verschiedenen Magazinen zum besten Popsong aller Zeiten gekürt. Es passt heute genauso wie vor 40 Jahren.

Volksstimme: Wie kam es dazu, dass Sie ein Album ohne sie gemacht haben?
Tawil: Nach drei Alben wollten wir nicht einfach ein viertes hinterherschießen, nur um Geld zu verdienen. Wir fanden, dass wir uns bei Ich+Ich nicht wiederholen dürfen. Es muss immer etwas Besonderes bleiben. Und da dachte ich mir, ich muss dann jetzt mal ran. Schließlich wollte ich schon ein eigenes Album machen, bevor ich Annette kennengelernt habe.

Volksstimme: Wie war es für Sie, plötzlich allein zu arbeiten?
Tawil: Es war eine andere Sache - weil ich gerade nicht allein war. Ich habe mit vielen talentierten Leuten zusammengearbeitet, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe und die zu guten Freunden geworden sind - zum Beispiel Simon Triebel von Juli. Das war ein großer Spaß. Bei Ich+Ich hingegen haben wir uns bewusst immer zurückgezogen.

"Annette Humpe zu treffen war, wie die große Liebe zu finden."

Volksstimme: Welche Art zu arbeiten fanden Sie besser?
Tawil: Es hat beides Vor- und Nachteile. Das eigene Album war für mich ein großer Berg, den ich erklimmen musste. Aber wenn man allein unterwegs ist, dreht sich auch alles nur um einen selbst: Du musst immer konzentriert sein. Annette und ich haben es uns damals immer sehr lustig gemacht. Ich habe ihr neulich auch geschrieben: "Ey, ich vermiss\' dich echt."

Volksstimme: Aber auf Tour waren Sie damals schon ohne sie.
Tawil: Genau, aber da hatte ich die Band. Das ist Entertainment vom Feinsten.

Volksstimme: Welches ist der größte Unterschied zwischen den Ich+Ich-Alben und Ihrer Soloplatte?
Tawil: Bei Ich+Ich waren die Texte immer viel allgemeiner. Wenn wir über Liebe gesprochen haben, ging es uns um die universelle Liebe. Ich+Ich war auch sehr konzeptbasiert, es gab ein enges Korsett. Bei meinem Album wollte ich das machen, wozu ich Lust hatte. Und mir war wichtig, dass es meine musikalische Zeit zusammenfasst. Ich bin froh über die Songs. Aber ich liebe auch die Texte von Annette. Sie und ich, das ist schon was ganz Besonderes. Man trifft selten jemanden, mit dem man so zusammen Musik machen kann. Das ist wie die große Liebe zu finden.

Volksstimme: Mit Ihrer privaten großen Liebe, Jasmin Tawil, haben Sie den Song "Dunkelheit" aufgenommen. Hatten Sie Bedenken, Berufliches und Privates zu vermischen?
Tawil: Nein. Bei Privatem bin ich zwar etwas vorsichtig - ich will nicht, dass mir die Leute zu Hause beim Staubsaugen zugucken. Aber das Lied hat mit ihr eine unglaubliche Kraft. Schließlich ist es eine Geschichte, die uns betrifft. Das ist das Geile an Musik: Wenn sie wahr ist, dann ist sie unschlagbar.

Volksstimme: Wie schwierig ist es für Sie beide, in den Alltag zurückzufinden, wenn Sie von einer Tour zurückkommen?
Tawil: Wenn du auf Tour bist, trägt dir jeder alles hinterher. Kommst du dann nach Hause, ist es in den ersten Tagen etwas gewöhnungsbedürftig. Man denkt: Wo bleibt denn mein Essen? Da bekomme ich auch mal eins auf die Mütze.

Volksstimme: Nach der Tour geht es sicher an ein neues Album. Wird es eines von Adel Tawil oder von Ich+Ich?
Tawil: Das wissen wir noch nicht. Bei mir ist es so: Wenn es sich richtig anfühlt, kann ich es mir vorstellen. Umgekehrt wird\'s genauso sein.

Tickets für das Adel-Tawil-Konzert am 31. März in der Getec-Arena Magdeburg gibt es bei Biber Ticket, Telefon: (0391 )5999700. Preis: ab 37,90 Euro.