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Hellmuth Karasek Viel mehr als ein Witzeerzähler

Von Lion Grote 09.04.2014, 03:20

Magdeburg l Die Vorstellung begann um sieben. Als ich nach drei Stunden auf die Uhr schaute, war es halb acht. Und auf dem Heimweg begann es zu regnen - auch das noch. Keine Sorge, man würde Hellmuth Karasek Unrecht tun, seinen Leseabend in der Festung Mark derart zusammenzufassen. Vielmehr zitierte Karasek selbst damit den österreichischen Kritiker Alfred Polgar, eines seiner großen Vorbilder.

Mit einem Koffer voller Bücher betrat der 80-Jährige die schmale Bühne und machte gleich klar, was der Abend werden würde: vernüglich. Trotz Erkältung und des fortgeschrittenen Alters zeigte er sich als Gastgeber, der es mühelos versteht, die Zuschauer zu unterhalten. Vor allem mit Witzen, von denen er scheinbar unendlich viele im Kopf hat. Wie diese alltägliche Szene: "Beim hastigen Frühstück kleckert sich der Mann Honig auf seine Krawatte. Den bösen Blick der Gattin spürend, greift er ihren Beschimpfungen vor: `Ich sehe aus wie ein Schwein.` `Ja`, antwortet die Frau, `und gekleckert hast du auch!`"

Und weil Hellmuth Karasek eben Hellmuth Karasek ist, gehört zu aller Unterhaltung auch Wissen. So gab es eine Schnelleinführung in die Freudsche Witztheorie, zu der natürlich auch der Freudsche Versprecher gehört.

Diesen beschrieb er mit folgender Anekdote, in der zur Gleichberechtigung die Frau das Opfer ist. "Am Wochenende saß ich mit meiner Frau am Frühstückstisch und wollte sagen: `Schatz, wärst du so bezaubernd, mir die Butter zu reichen?` Stattdessen hörte ich mich sagen: `Du fette Kuh hast mein Leben versaut.`"

Witze kennen eben kaum Tabus und so charmant vorgetragen wie von Hellmuth Karasek konnten Männer und Frauen gleichermaßen lachen.

Hellmuth Karasek aber ist eben kein bloßer Witzeerzähler, sondern schafft es über die kuriosen Geschichten und Anekdoten eine Beziehung zum Publikum aufzubauen. "Für eine Zeit werden wir dadurch zu Verbündeten", verkündete er. Er öffnete sich den Zuhörern, erklärte, warum Blickkontakt für ihn so wichtig sei, und beschrieb auch, wie er über Berlin aus der DDR floh und seine Eltern zurückließ.

Doch selbst bei den Geschichten aus seiner Kindheit blieb der Humor nicht auf der Strecke. "Als Kind musste ich Spinat essen, den ich wirklich gehasst habe." Seine Mutter versuchte ihn zu füttern: "Ein Löffel für Papa, ein Löffel für Mama" und einen für die verabscheute Tante Marthe. Das habe damals nicht gut geklappt. Beim Rotwein gehe es heute dagegen gut. "Da nehme ich jetzt auch gerne einen Schluck für Tante Marthe".

Das Publikum dankte Karasek mit viel Zuneigung und noch mehr Beifall, dem noch zahlreiche Witze folgten. Und viel Zeit für Widmungen und Autogramme.

Und auf dem Heimweg wärmte die Frühlingsnacht - es passte gut.