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Interview mit Oscarpreisträger Christoph Waltz "Ich kann jetzt im Moment wirklich jeden treffen"

11.01.2011, 04:23

Mit der Oscar-Auszeichnung für die Rolle des sadistischen Nazi-Oberst Hans Landa in "Inglourious Basterds" hat Christoph Waltz seinen internationalen Durchbruch geschafft. Der Deutsch-Österreicher ist demnächst gleich in zwei Blockbustern in den Kinos zu sehen. In "Water for Elephants" spielt er an der Seite von Reese Witherspoon einen grausamen Zirkusdirektor. Für dadp sprach Axel Schock mit Waltz über Superhelden, Traumberufe und die Folgen der Oscar-Auszeichnung.

Frage: Am 13. Januar startet Michel Gondrys Actionkomödie "The Green Hornet" in den deutschen Kinos – ein klassischer Superhelden-Film. Sind Sie ein Fan dieses Genres?

Christoph Waltz: Viele Filme haben einen Superhero, ohne dass es so aussieht. Zu Comic-Verfilmungen habe ich kein so direktes Verhältnis. Ich schaue sie mir einfach nicht oft an. "Iron Man" fand ich allerdings grandios, vor allem wegen Robert Downey Jr. Es gibt aber auch viele Comic-Verfilmungen, die ganz langweilig sind. So etwas wie "Transformer" zum Beispiel interessiert mich einfach nicht. Ich bin kein Comic-Mensch, das heißt, ich bin nicht mit Comics aufgewachsen. Daher kann ich auch nicht soviel damit anfangen.

Frage: Haben Sie sich für die Dreharbeiten eigens mit den Comics beschäftigt?

Waltz: Einen Moment habe ich mir überlegt, ob ich mich mehr mit der Comic-Kultur vertraut machen sollte. Aber das wäre in der Kürze der Zeit gar nicht möglich gewesen und dann dachte ich, das ist eigentlich die Aufgabe des Regisseurs. Ich mache, worum ich gebeten werde: mit aller Sorgfalt und Ernsthaftigkeit eine Rolle zu spielen.

Frage: Für Ihren Nazi-Schergen Oberst Landa in Quentin Tarrantinos "Inglourious Basterds" haben Sie den Oscar bekommen. Nun spielen Sie in dem Kinofilm "The Green Hornet" erneut einen Fiesling. Wie kommt es, dass Sie so oft auf den Bösewicht abonniert sind?

Waltz: Das kommt daher, weil ich die Guten nie zu spielen bekomme. Ich kümmere mich nicht um solche Bewertungen. Es kommt häufig vor, dass Schauspieler ihre Rollen beurteilen. Ich meine aber, es ist die Aufgabe der Zuschauer, sich ein Urteil zu bilden, nicht meine.

Deshalb rede ich auch nicht über meine Rollen, dies würde nur Ihr eigenes Urteil beschränken. Was soll ich Ihnen denn über meine Rollen sagen? Etwa, was Sie von der Sache, die ich mache, zu halten haben? Es ist völlig hirnrissig, wenn Schauspieler ihre Charaktere erklären. Der nächste Schritt wäre, Gebrauchsanweisungen zu drucken und vor dem Kino zu verteilen.

Frage: Sie waren dem ganzen Aberwitz der Oscar-Verleihung ausgesetzt. Ist inzwischen wieder Normalität in Ihren Alltag eingekehrt?

Waltz: Helen Mirren hat das wunderbar formuliert: Wenn man für den Oscar nominiert ist und ihn nicht gewinnt, endet die Sache am Sonntag- abend der Verleihung. Wenn man den Oscar gewinnt, endet die ganze Sache am Montagmorgen. Das ist aber auch gut so.

Frage: Aber ändert sich nicht zumindest die Gage, die Ihr Manager nun aushandeln kann?

Waltz: Absolut! Natürlich verändert sich diesbezüglich alles, und zwar grundlegend. Ich kann jetzt im Moment jeden treffen. Wie lange das anhalten wird, werden wir sehen,

Frage: Wenn Sie sich also beispielsweise wünschen, Steven Spielberg zu treffen, ist das kein Problem?

Waltz: Genau so ist es passiert.

Frage: Ist die Schauspielerei ein Traumberuf?

Waltz: Ganz sicher nicht. Für einen 17-Jährigen vielleicht. Wenn man das allerdings eine zeitlang gemacht hat, ist es kein Traumberuf mehr. Es ist wie wahrscheinlich in den meisten Berufen: Am Anfang läuft es gut – und dann kommt die Zeit dazwischen, nämlich zwischen dem Anfang und dem Ende. Und dieser Zeitabschnitt ist mühsam.

Die Tatsache, dass mir dieser unglaubliche Glücksfall widerfahren ist, soll keineswegs dazu verleiten, dass dies eine Regelmäßigkeit oder Folgerichtigkeit hätte.

Frage: Was hätten Sie ohne den Oscar gemacht?

Waltz: Ich hätte natürlich trotzdem weitergemacht. Das geht jedem so: Man fängt etwas mit Verve an, und dann wird ein Alltag daraus, mit dem man seinen Lebensunterhalt bestreitet.

Auch dies muss man mit Würde und Anstand tun. Dass das immer schwieriger wird, weil man die Sache immer mehr durchschaut und den Blödsinn dabei erkennt, macht es allerdings nicht einfacher.

Frage: Sie waren vor "Inglourious Basterds" also frustriert von Ihrem Beruf?

Waltz: Ja total!

Frage: Was wäre denn jetzt ein Traumberuf für Sie?

Waltz: Nun wäre wohl der blödeste Moment für mich, um den Beruf zu wechseln.