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Magdeburger Skulpturen Kunst als Heimatkunde

Die Bibliothek Forum Gestaltung veröffentlicht mit "Kunst Raum
Magdeburg" einen Band, der sich mit der Kunst im öffentlichen Raum der
Landeshauptstadt beschäftigt.

Von Jan Kubon 06.05.2014, 01:17

Magdeburg l Sie stehen überall in Magdeburg: Plastiken, Skulpturen und Denkmale. Viele Menschen gehen achtlos an ihnen vorbei, andere bleiben stehen und betrachten sich die Kunstwerke.

"Sie gehören zum Stadtbild, sind für uns Normalität geworden und das ist eigentlich gut", erörtert Norbert Eisold, Autor und Kunstwissenschaftler. Er hat in Zusammenarbeit mit dem Forum Gestaltung ein äußerst bemerkenswertes Buch herausgebracht. "Kunst Raum Magdeburg" heißt es und ist mehr als nur ein Kompendium der Kunst im öffentlichen Raum. Es ist "Eine Art \'Heimatkundebuch\'" - so zu verstehen, dass die Kunstwerke, die darin vorgestellt werden, natürlich auch eine Stadtgeschichte erzählen und somit zu deren Verständnis beitragen können.

Ein Buch für den Kopfwettstreit

Eisold, der auch als Ausstellungskurator im "Forum Gestaltung" tätig ist und mit der Ausstellung zum Werk von Stefan Wewerka erst kürzlich auch international mehr als nur einen "Fußabdruck" in der Kunstwelt hinterlassen hat, schließt mit dem Buch eine Fehlstelle der Kunstgeschichtsschreibung der Landeshauptstadt. "Intellektuelle Verständigung, gedankliche Näherung zwischen den Kunstwerken und den Magdeburgern" beschreibt er die Ziele des Buches. 53 ausgewählte Kunstwerke beschreibt Eisold. Sein Duktus ist streng sachlich, aber nie akademisch verkopft und keinesfalls frei von notwendiger Subjektivität.

Er lässt dem Leser genügend Deutungsspielraum, was der Lektüre bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit eine angenehme Leichtigkeit gibt. Beim Lesen des kleinformatigen Bandes setzt ein interessanter Kopfwettstreit ein, der dem kunstinteressierten Leser und Flaneur höchstes intellektuelles Vergnügen bereiten kann.

Die eigene Erinnerung und Deutung der Kunstwerke kann beim gedanklichen oder tatsächlichen Ablaufen der einzelnen "Routen" und "Quartiere" abgeglichen werden mit der Expertenmeinung Eisolds. Ein "anregender Begleiter für den Stadt- und Kunstspaziergänger" soll das Buch sein, der "zum eigenen Sehen und Denken ermuntert", formuliert der Autor die publizistische Intention der Herausgeber.

Bilder mit gewagte Perspektiven

In fünf Kapitel teilt Eisold den Band. Sie entsprechen den Quartieren, in denen die beschriebenen Kunstwerke stehen. Das Entree beschreibt die Kunstwerke des bahnhofsnahen Bereichs der Innenstadt, dem Skulpturenpark des Kunstmuseums widmet er das größte Kapitel. Den Arbeiten im Domviertel, auf der Elbparallele und um den Alten Markt sind die anderen Kapitel vorbehalten.

Komplettiert wird der Band, der auf Anregung der Kulturverwaltung entstand, durch die Fotografien der jungen Berliner Künstlerin Saskia Hubert. Ihre Arbeiten sind nicht rein dokumentarisch, sie besitzen im "journalistischen" Sinne eher reportageartigen Charakter. Was sie entdeckt, bildet sie ab ohne Scheu vor gewagten Perspektiven und fingierten Blicken, wie sie auch die "normalen" Betrachter der Kunstwerke haben könnten. Abgerundet wird der Kunstführer durch knappe Künstlerbiographien.

"Kunst Raum Magdeburg" ist ein Buch, das den Blick schärft für die Vielfalt der im öffentlichen Raum verorteten Kunstwerke. Es regt an, darüber nachzudenken, was war, was ist und was kann Kunst im öffentlichen Raum sein und bewirken. Es ist ein Türöffner für das bewusstere Betrachten und lustvolle Erleben von Kunst. Es kann den hastigen Schritt durch unsere Stadt und unsere Zeit stoppen und zum Verweilen vor und mit der Kunst anregen.