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Jugendradio DT64 Beatmusik und Bruce Springsteen für die Kassette

Immer nur Puhdys, Karat und Co - das war den Musik-Fans in der DDR zu einseitig. Offiziell waren zwar Songs aus dem "Westen" nicht erlaubt - im Jugendradio DT64 erklangen sie dennoch.

17.05.2014, 01:20

Berlin (dpa) l Ob Michael Jackson oder Bruce Springsteen: "Duett - Musik für den Rekorder" bot DDR-Musikliebhabern die Chance, Hits vom Klassenfeind auf Kassette zu bannen. In der Sendung von Jugendradio DT64 wurde je ein Album aus der DDR und aus dem sogenannten kapitalistischen Ausland präsentiert. Damit die Hörer die Musik aufnehmen konnten, blieben die Moderatoren vorher und nachher kurz still - während die Kollegen etwa bei RIAS und beim SFB im Westteil Deutschlands auch die Musik unterbrachen. Vor 50 Jahren, zu Pfingsten 1964, war die Geburtsstunde des DDR-Jugendsenders, der kurz nach dem Mauerfall trotz großer Proteste abgeschafft wurde.

Ost-Berlin 1964: Vom 16. bis zum 18. Mai treffen sich in der Hauptstadt der DDR Hunderttausende Jugendliche aus beiden Teilen Deutschlands. Auf dem "Deutschlandtreffen" bietet ihnen die Jugendorganisation FDJ etwa Lesungen und Konzerte - und im Radio läuft ein 99-stündiges Sonderprogramm aus dem "Sonderstudio DT64". Wolf Biermann liest dort - und erstmals wird im DDR-Rundfunk englische Beatmusik gespielt.

Die Macher hatten so einige Freiheiten


Ende Juni 1964 wird DT64 dann ein ständiges Nachmittagsprogramm des Berliner Rundfunks. "Wir spielten weiter moderne, also auch westliche Musik", blickt der damalige DT64-Chef Siegmar Krause in der MDR-Dokumentation "DT64 - Rock´n´Roll und FDJ", die am 11. Mai ausgestrahlt wurde, zurück. Doch schon im Jahr darauf wirft SED- und Staatschef Erich Honecker den Programmmachern vor, einseitig Beatmusik zu propagieren. "Es ist übersehen worden, dass der Gegner diese Art Musik ausnutzt, um durch die Übersteigerung der Beatrhythmen Jugendliche zu Exzessen aufzuputschen", sagt Honecker.

"Wir haben dann mehr DDR-Musik gespielt. Aber damit allein konnten wir nicht das Programm füllen", blickt Krause zurück. Hinzu kam, dass die Sender westlich der Mauer, die auch in der DDR gehört werden konnten, ihr Angebot für junge Hörer ausbauten. Also hatten die Macher des DDR-Jugendsenders weiterhin so einige Freiheiten - und durften auch Hits vom Klassenfeind spielen.

Ende 1991 wurden die Frequenzen in Mecklenburg-Vorpommern abgeschaltet. Ab 1992 wurde der Sender dann in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen übergangsweise auf Mittelwelle ausgestrahlt; die UKW-Frequenzen bekamen Privatsender. Berlin und Brandenburg ließen DT64 im Programm Fritz aufgehen. Der MDR gründete am 1. Mai 1993 das Jugendradio Sputnik.