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Für die Glasmalerei im Naumburger Dom müssen Besucher sich nicht den Hals verrenken Endlich auf Augenhöhe

Der Naumburger Dom ist weltbekannt für die Figuren des "Naumburger
Meisters". Eine neue Schau nutzt diesen kulturträchtigen Ort und zeigt
ab Sonntag zeitgenössische Glasmalerei vor historischer Kulisse.

30.05.2014, 01:21

Naumburg (epd) l Von hinten scheint das Licht durch das filigran gestaltete Glas, es bricht sich in den einzelnen Elementen und vielschichtigen Farben des Kunstwerkes. So nah wie dem "Wertlauer Engel" der Künstlerin Hella de Santarossa kommen Besucher in Kirchen nur selten der Glasmalerei, hängt sie doch zumeist weit oben in den Fenstern. Im Naumburger Dom kann die Kunst ab Sonntag allerdings ganz nah betrachtet werden, rund 100 Werke der zeitgenössischen Glasmalerei werden dort ausgestellt - und zwar von einigen der bedeutendsten Kunstschaffenden unserer Zeit: Unter den 35 Künstlern befinden sich auch Gerhard Richter, Neo Rauch und Markus Lüpertz.

Die Ausstellung repräsentiere das "ganze kunsttechnologische Repertoire der Glasmalerei", erklärt Kurator Holger Brülls. Es werde gezeigt, "was Glasmalerei alles kann". Neben den rund 100 präsentierten Werken im Naumburger Dom werden außerdem 55 Glasmalereien an Korrespondenzstandorten gezeigt, zum Beispiel im Merseburger Dom. Die Ausstellung trägt den Titel "Glanzlichter. Meisterwerke zeitgenössischer Glasmalerei im Naumburger Dom" und ist noch bis zum 2. November zu sehen. Ziel der Schau ist, Glasmalerei aus ihrer künstlerischen Nische zu locken.

Für die Ausstellung wurden einige der Arbeiten speziell für die Räume der insgesamt knapp 2250 Quadratmeter großen Domanlage entworfen. So sind etwa die Fenster in der Taufkapelle, in denen sonst weißes Glas ist, durch Werke von Thomas Kuzio ausgefüllt. Ob diese Arbeiten auch noch nach Abschluss der Ausstellung in den Fensterrahmen verbleiben, ist allerdings noch ungeklärt.

Auch Proben von Gerhard Richter sind zu sehen

Besonders auffällig ist der Ansatz der Kuratoren, die historische Architektur mit der modernen Glasmalerei zu verbinden, im Ostchor der Kirche. Dort fehlen dem Ensemble von Buntglasfenstern aus mehreren Jahrhunderten zwei Elemente, die im Laufe der Zeit zerstört wurden. So strömt das Licht ungebremst durch das durchsichtige Glas in den Altarraum. An dieser Stelle präsentiert der Künstler Günter Grohs eine Idee, die Lücke zu füllen: Ausgestellt sind abstrakt gestaltete Fensterscheiben aus sogenanntem Floatglas mit handgewischten Farbzügen, die das historische Ensemble ergänzen.

Doch nicht alle Arbeiten wurden eigens für den Naumburger Dom angefertigt, ein Großteil sind Probestücke für andere Kirchen, auch der "Engel" von Hella de Santarossa ist ein Modell für ein Chorfenster in der romanischen Kirche in Wertlau bei Zerbst in Sachsen-Anhalt. Eines der bekanntesten Werke dürfte das Probefeld für das südliche Querhausfenster des Kölner Doms von Gerhard Richter sein. Es zeigt auf einer Größe von rund 160 mal 110 Zentimetern quadratische Glaskacheln, die wie ein klassisches Mosaik zusammengesetzt sind.

Ein weiterer Teil der Ausstellungsstücke scheint hingegen völlig losgelöst vom Zweck und widmet sich auch keinen religiösen Motiven. Doch auch diese Stücke finden ihren Platz auf dem Gelände des Naumburger Doms, die abstrakte Kunst ist insbesondere in der Marienkirche am Kreuzganz untergebracht. Der Schlüssel ist bei allen Arbeiten das Licht. Nur mit ihm kann sich die Kraft der Glasmalerei entfalten, durch die Reflexion werden die Arbeiten erst definiert. Für jene Ausstellungsstücke, die sich an eher dunkleren Orten befinden, sind die Werke deshalb mit dezenten Lichtkästen hinterlegt.

Die Ausstellung wird am 1. Juni eröffnet und ist bis 2. November montags bis sonntags von 9 bis 18 Uhr zu sehen.