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Museum in Mansfeld Singvögel auf Luthers Speiseplan

In der Kleinstadt Mansfeld hat Martin Luther als Kind mit Freunden gespielt, die Lateinschule besucht - und als Delikatesse Singvögel gegessen. Ist der Ort die wahre Wiege der Reformation? Ein neues Museum geht dieser Frage nach.

16.06.2014, 01:43

Mansfeld (dpa/epd) l Das neue Luther-Museum in Mansfeld hat gleich nach der Einweihung einen Besucheransturm erlebt. Parallel zum Eröffnungs-Straßenfest am Sonnabend hätten fast 1000 Gäste das Museum besichtigt, sagte ein Sprecher der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Auch am Sonntag, dem ersten regulären Öffnungstag, sei ein großes Interesse verzeichnet worden.

In Wittenberg schrieb der Reformator Martin Luther (1483-1546) mit seinem Thesenanschlag 1517 zwar Weltgeschichte - doch sein Herz schlug bis zum Schluss laut Experten für seine Heimat Mansfeld. In der abseits jeglichen Großstadttrubels gelegenen Stadt im Südharz öffnet am Sonnabend ein neues Museum. "Es ist der erste Ort, der weltweit einzige Ort, an dem Luthers Kindheit und Jugend präsentiert wird in all seinen Facetten", sagte der Direktor der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Stefan Rhein.

Mit Eisleben und Wittenberg werde Luthers Biografie nun in Gänze im Ursprungsland der Reformation erlebbar. In Mansfeld habe Martin Luther (1483-1546) die zweitlängste und zugleich eine sehr prägende Zeit verbracht. 1483 in Eisleben geboren, zogen seine Eltern schon 1484 dorthin um, 1497 zog es Luther nach Magdeburg. In Wittenberg lebte der streitbare Theologe dauerhaft seit 1511 und damit 35 Jahre, sagte Rhein.

230 Objekte werden gezeigt

Auf rund 600 Quadratmetern zeige die Dauerschau in dem neuen Museumskomplex unter dem Motto "Ich bin ein Mansfeldisch Kind" rund 230 Objekte. In moderner Form und Architektur werden das Leben und der Alltag der Familie gezeigt. Bei den ausgestellten archäologischen Funden aus Mansfeld, darunter Knochenreste, Geschirr und Schmuck, sei Verblüffendes ans Licht gekommen, sagte der Kurator der Schau, Christian Philipsen.

"Singvögel standen auch auf dem Speiseplan der Familie Luther", sagte er. Dies galt damals als Delikatesse. "Luthers Elternhaus war durchaus wohlhabend." Davon zeugten auch Funde von Geschirr und Gläsern aus Böhmen.

Luther sei schon in jungen Jahren aufmüpfig gewesen. "Sein Vater wollte, dass er Jura studiert und ihn mit der Tochter eines Geschäftspartners verheiraten, dagegen rebellierte er und ging überstürzt aus Mansfeld fort", sagte Philipsen. "Zwischen Vater und Sohn herrschte zehn Jahre lang Funkstille", sagte Rhein. Mit dem neuen Museum werde Luthers Biografie ergänzt. Insgesamt hat der Komplex mit Schau den Angaben zufolge etwa 4,2 Millionen Euro gekostet, getragen von Stadt, Land und Stiftung. "Wir wollen hier nicht nur ein Museum sein. Eine tragende Säule unserer Arbeit wird auch hier die kulturelle Bildung sein, denn die Reformation ist ein wichtiges Kapitel europäischer Geschichte", sagte Rhein. Hintergrund ist, dass sich 2017 der Wittenberger Thesenanschlag zum 500. Mal jährt. Das neue Museum ist das fünfte, das die Stiftung betreibt. Die Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt gehören zum Unesco-Welterbe.

Der Komplex in Mansfeld entstand seit März 2012 aus einem restaurierten Teil von Luthers Elternhaus und einem Neubau. Die Region Mansfeld-Südharz leidet seit dem Aus des Kupferbergbaus nach 1990 unter überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit. "Sicherlich müssen wir hier in Mansfeld noch einiges tun", sagte Gustav Voigt, Bürgermeister der heute rund 3000 Einwohner zählenden Kommune, zur touristischen Infrastruktur. Alleine könne das die Stadt nicht stemmen.