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Rocky Horror Show Schräge Show mit Botschaft

Schrill, schräg, lasziv, transsexuell und voller Rock\'n\'Roll - das war
der fulminante Auftakt am Wochenende für das Open-Air-Musical "The Rocky
Horror Show" des Theaters Magdeburg auf dem Domplatz.

Von Rolf-Dietmar Schmidt 23.06.2014, 01:33

Magdeburg l Im Schatten der altehrwürdigen Kathedrale wartet das Stück noch bis zum 13. Juli mit insgesamt 18 Vorstellungen auf, die schon jetzt zu mehr als 90 Prozent ausverkauft sind. Trotz großer Erfolge mit den Open-Air-Musicals in den letzten Jahren ist eine solche Kartennachfrage bislang einzigartig.

Musical-Aufführungen lockten bereits seit 2008 mit "Titanic", "Evita" oder dem Disney Musical "Die Schöne und das Biest" Zehntausende Zuschauer zu den Vorstellungen. Erfrischend frech, tabulos und mit einem tiefen Blick in menschliche Abgründe reiht sich die "Rocky Horror Show" da ein. Seit Jahrzehnten ist sie in aller Welt ein Kultmusical. Richard O´Brien hat es vor 40 Jahren geschrieben, nachdem er als Darsteller in einem anderen Musical entlassen worden war, um die Zeit bis zu einem neuen Engagement zu überbrücken. Mit einem Erfolg hat er nie gerechnet. Doch der kam, und er ist bis heute ungebrochen.

Publikum wirft zur Hochzeit aus vollen Händen Reis

Das bewiesen die "Rocky"-Fans auch in Magdeburg. Sie nahmen teilweise lange Anreisen in Kauf, waren häufig passend kostümiert und hatten die für "Rocky"-Anhänger erforderlichen Utensilien dabei, um am Geschehen auf der Bühne teilzunehmen. Das ist bei der "Rocky Horror Show" ausdrücklich erwünscht. Das Theater Magdeburg hat sogar eine Anleitung zum Mitmachen ins Internet gestellt.

So wurde bei der Hochzeit gleich zu Beginn des Stücks vom Publikum aus vollen Händen Reis geworfen, und als die mit dem Hochzeitspaar befreundeten Verlobten im strömenden Regen vor dem geheimnisvollen Schloss ankommen, sprühte das begeisterte Publikum aus unzähligen Wasserpistolen. Da machte dann ein echter Regenschauer kaum noch etwas aus.

Für die Titelrollen in der "Rocky Horror Show" hat das Magdeburger Theater große Namen der Szene verpflichtet, gibt aber auch jungen aufstrebenden Künstlern eine Chance. Die Rolle des Frank´nFurter singt kein Geringerer als der 25-jährige Dominik Hees, der sich in Essen und München mit großen Musical-Inszenierungen einen Namen gemacht hat. Neben ihm zählen das Verlobten-Paar Janet Weiss, gesungen von Musical-Star Jeannine Michele Wacker, die in Basel und Essen mit "We will Rock You" das Publikum begeisterte, und Brad Majors, hervorragend von Maximilian Mann in Szene gesetzt, zu den Protagonisten des Stücks. Nicht zu vergessen die schwierige Rolle des Dieners Riff Raff, gesungen vom Shooting-Star Marlon Wehmeier.

Domplatz stärker ins Geschehen eingebunden

Bei allen früheren Inszenierungen auf dem Domplatz übernahmen Künstler aus dem Ensemble des Theaters Magdeburg erfolgreich wichtige Rollen. In der "Rocky Horror Show" singt der Bass-Bariton Wolfgang Klose den Dr. Scott, und Peter Witt, der aus dem Schauspiel kommt, aber ebenso tanzen und singen kann, ist inzwischen nach vielen Open-Air-Rollen schon selbst ein Musical-Star.

Regisseur Ulrich Wiggers, der im Vorjahr in Magdeburg mit "Les Misérables" bereits für Furore gesorgt hat, zeichnet auch diesmal für die Regie verantwortlich. Seine Intention, den Magdeburger Dom noch stärker in das Geschehen einzubinden, hat er in enger Zusammenarbeit mit Bühnenbildner Christoph Weyers beeindruckend umgesetzt.

Die gewaltige, stilisierte Schlossfassade, die sich mit ganz wenigen Bewegungen in einen riesigen Innenraum verwandelt, wird durch einen mit Luft aufgeblasenen hinteren Schlossteil ergänzt, der spektakulär mit dem Schluss der Geschichte in sich zusammenfällt.

Was bleibt, ist die unbändige Kraft der Musik, des Rock ´n´ Roll, mit dem sich sowohl Lebensfreude als auch Wut ausdrücken lassen. Der Frank´nFurter, der in seinem Wahn, neues Leben zu schaffen, das Leben seiner Freunde und sein eigenes vernichtet, scheitert. Er bleibt tot auf der Erde zurück.

Für seinen Diener Riff Raff und die ausdrucksstarke Magenta (Lucy Scherer) hat damit dann auch der Aufenthalt der "außerirdischen Transvestiten vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transsylvanien" auf dem Magdeburger Dom-platz ein Ende. Für sie beginnt mit dem Start ein neuer Anfang. Die Verlobten Janet und Brad gehen getrennte Wege. Sie waren den Verlockungen des Bösen nicht gewachsen.

Doch tief unter der schräg-schrillen Szenerie steckt eine Botschaft - der Wunsch nach Toleranz, Vertrauen und wahrer Menschlichkeit.

Restkarten gibt es an der Kasse am Domplatz und an der Abendkasse.