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Leipziger Museum würdigt den DDR-Designer Rudolf Horn Schnörkellose Möbel für die Massen

Der Gestalter Rudolf Horn prägte mit seinen Anbauwänden das
DDR-Möbeldesign. MDW - das waren Systemmöbel mit vielen
Kombi-Möglichkeiten. Ikea lässt grüßen.

14.07.2014, 01:34

Leipzig (dpa) l Rudolf Horn bittet freundlich in seine adrette Leipziger Altbauwohnung. Im Wohnzimmer lädt eine niedrige Sessel-Sofa-Garnitur in beige zum Sitzen ein, daneben eine Bücherschrankwand aus Holz. Das gesamte Mobiliar in der Wohnung stammt aus Entwürfen Horns. Der 85-Jährige gilt als einer der wichtigsten Designer in der Zeit der DDR. Legendär ist das Montagemöbelprogramm MDW, das unter Führung Horns entworfen und in großen Stückzahlen produziert wurde.

"Die starre Wohnung, die starre Garnitur - das alles wollte ich nicht mehr", erklärt Horn die Idee hinter seinem Klassiker. "Ich wollte die Menschen in die Lage versetzen, dass sie selbst entscheiden können, wie sie leben und wohnen wollen." Module waren die Lösung dafür. "Kein fertiges Möbelstück verlässt den Produktionsbetrieb, sondern nur die Bauteile, lautete meine These", erläutert Horn. Von 1966 bis 1989 produzierten die Deutschen Werkstätten Hellerau das MDW-System.

Wichtiger Möbelgestalter der DDR

Horn blickt heute mit Stolz auf sein Schaffen zurück. Nach einer Tischler-Ausbildung absolvierte er ein Studium der Innenarchitektur in den 50er Jahren. Von Anfang an habe er sich die Frage gestellt: "Für wen machst Du das?" Nicht für eine spießige Oberschicht, die am Sonntag eine Teestube brauchte, habe er Möbel entworfen, sondern für die soziale Mitte.

Was damals revolutionär war, ist heute ein Fall fürs Museum. Das Grassi Museum für Angewandte Kunst in Leipzig hat bereits das MDW-Programm in seiner Dauerausstellung stehen. Anlässlich des 85. Geburtstages von Rudolf Horn im Juni kommt nun noch eine kleine Sonderpräsentation mit zwei Clubsesseln dazu. Diese hat Horn nach dem Vorbild des "Barcelona Chairs" von Architekt Ludwig Mies van der Rohe entworfen - "nur mit mehr Sitzkomfort", wie der Gestalter nicht ganz unbescheiden sagt.

Für Sabine Epple, Kuratorin für Moderne im Grassi Museum, war Horn unbestritten einer der wichtigsten Möbelgestalter der DDR. "Er ist für Ostdeutschland der Repräsentant für das Systemdesign." Auch der Berliner Fachjournalist und Experte für DDR-Design, Günter Höhne, bescheinigt Horns Entwürfen, revolutionär gewesen zu sein. "Über 25 Jahre dieses Programm zu pflegen und immer wieder neue Teile zu entwickeln, das ist schon eine einmalige Erfolgsgeschichte."

Auf die begehrten MDW-Schrankwände mussten Kunden lange warten

Die MDW-Schrankwände seien begehrt gewesen, sagt Höhne. Wie auf viele andere Schrankwände und Waren musste man auf sie in der DDR lange warten. Allerdings könne man nicht sagen, dass MDW nun wirklich in jeder DDR-Wohnung gestanden habe, weiß Höhne. "Lieschen Müller fand die glatten Flächen eher langweilig. Auch bei der Partei- und Staatsführung waren sie erst als funktionalistisch verschrieen." Überzeugt hätten schließlich die gestalterischen Möglichkeiten der MDW-Serie. "Der Nutzer konnte damit viel freier und kreativer umgehen als mit Ikea heute", sagt Höhne.

Und wie denkt Horn über das aktuelle Möbelangebot? Einfache und zugleich schöne Möbel seien heute eine sehr teure Angelegenheit, sagt der 85-Jährige. Ikea mit der freien Zusammenstellung sei aber schon eine feine Sache, fügt er hinzu. Dass er selbst erst kürzlich in einem Artikel als "Mr. Ikea" bezeichnet wurde, bringt den DDR-Gestalter Horn zum Lachen.