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Lesung von Anne Hahn Drei Frauenleben an drei Tagen

16.09.2014, 01:08

Anne Hahn wird am 18. September in Magdeburg ihren neuen Roman vorstellen. Grit Warnat sprach mit der in Magdeburg geborenen und in Berlin lebenden Schriftstellerin über ihr "DreiTagebuch" (Ventil-Verlag).

Die Handlung Ihres neuen Buches spielt zwischen Arendsee, Zerbst und Magdeburg. Auch ihren Debütroman "Dreizehn Sommer" siedelten Sie in Magdeburg an. Warum kehren Sie literarisch in ihre alte Heimat zurück?

Anne Hahn: Für mich ist das Teil der eigenen Vergangenheitsbewältigung. Ich habe versucht, meine eigene Geschichte aufzuarbeiten. Gerade in "Dreizehn Sommer", das zum größten Teil in Magdeburg spielt, wollte ich etwas loswerden, beispielsweise das Aufgreifen des Stasi-Gefängnisses. Beim "DreiTagebuch" habe ich viel mehr erfunden, mich aber von den Landschaften inspirieren lassen. Ich kannte die Altmark gar nicht so gut, ich war zwar in meiner Kindheit mehrmals dort, aber ich war damals nie in Salzwedel. Somit ist das neue Buch kein Zurückkommen, sondern ein Neuentdecken, ein Draufschauen, ein Durchwandern.

Sie schreiben über drei Frauen und ihre sich verknüpfenden Lebensbeziehungen. Sie gehen in die Geschichte zurück, auch in die Zeit der Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland im Zweiten Weltkrieg. Inwieweit ist das biografisch?

Der Ausgangspunkt war biografisch. Meine Großmutter musste mit sieben kleinen Kindern auf die Flucht gehen, ist vertrieben worden. Viel mehr wusste ich nicht. Ich wollte wissen, was damals passiert ist und wie sich eine Frau in dieser Situation gefühlt haben könnte. Was ich aufgeschrieben habe, ist durch Recherchen und Intuition entstanden. Es ist nicht meine Geschichte, auch nicht die Geschichte meiner Familie.

Haben Sie auch vor Ort recherchiert?

Ja, ich war in Chomutov, habe mir den Ort angesehen, die Straßen, den Bahnhof, die Bahnhofssiedlung. Ich habe Interviews geführt mit Menschen, die auch aus Komotau vertrieben worden sind, habe Bücher gelesen. Es ist eine Mischung aus recherchierten, angeschauten und erfundenen Details.

Die Vertriebenen-Passagen stellen Sie sehr intensiv dar. Hatten Sie sich vorab mit dem Thema bereits stärker beschäftigt?

Ich hatte viele Jahre eine gewisse Scheu vor dem Thema, die mir auch mitgegeben wurde von meiner Großmutter. Fragt bloß nicht nach, darüber redet man nicht, wurde immer gesagt. In der DDR war es sowieso ein Tabu-Thema. Das führte zu einem Vakuum, auch ich war schüchtern diesbezüglich. 2007 habe ich angefangen, mich mit dem Stoff zu beschäftigen. Ich wollte das Geschehene für mich wissen und mich als Enkelin dazu äußern.

"Dreizehn Sommer" war ein Buch über drei junge Magdeburger Frauen. Ihr neuer Roman ist ähnlich, es geht auch um drei junge Frauen. Warum haben Sie sich erneut für eine Dreiergeschichte entschieden?

Ich sehe das neue Buch nicht als reine Frauengeschichte, weil ja ein Mann eine große Rolle spielt. Ich habe mich aber wohl in die Zahl drei verliebt. Ich fand die Idee gut, dass jeder der drei Personen einen Tag hat, durch den alle miteinander verbunden sind. Mir ging es um die zeitliche Konstruktion, weniger um die Anzahl der Figuren.

Ihre Geschichte zieht sich über Jahrzehnte, trotzdem ist Ihr Buch nur 200 Seiten stark. Sie haben kurze, prägnante Sätze. Wie schwer ist es, solchen verdichteten Text zu schreiben?

Geschrieben habe ich wohl dreimal so viel. Für mich besteht die Arbeit darin, zu streichen, zu streichen, zu streichen. Ich will in meinem Text präzise werden, wegnehmen, zu viele Erklärungen rausnehmen.

Lesung am 18. September, 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Magdeburg