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Mitteldeutsche Kammerphilharmonie Ein Holländer will überraschen

Gerade von einer Konzertreise durch die Niederlande zurück, startet die
Mitteldeutsche Kammerphilharmonie am Freitag vor heimischem Publikum in
die neue Saison. Musikdirektor Gerard Oskamp setzt weiter auf
Überraschungen.

Von Grit Warnat 09.10.2014, 03:11

Eggersdorf/Schönebeck l Gerard Oskamp hat sich in seinem Haus ein Arbeitszimmer eingerichtet. Trotzdem zieht es ihn oft raus in den großen Garten, in sein Gewächshaus, wo es bis unters Dach grünt und blüht und die Tomaten und Gurken für den hauseigenen Salat wachsen. Dort in der warm-feuchten Luft sinniert der Holländer über das Orchester, Große und Kleine Konzertreihe, neue Vorhaben, den Operettensommer, das Musikfest "Klänge im Raum".

Mit dem Konzert "Höchst romantisch" beginnt am Freitag für Oskamp das zweite Jahr als künstlerischer Leiter und Chefdirigent in Schönebeck. "Wir wollen das fortsetzen, was wir begonnen haben", sagt er und meint die Mischung aus Bekanntem und Neuem. Oskamp ist Freund von neuen Wegen. Er geht nicht mit dem beliebten Strauß ins Jahr 2015. Und er nimmt Klezmer ins Programm. Trotzdem würden nicht die heiteren Melodien und die Klassik fehlen, betont er. Im vergangenen Jahr gab es Jazz zu Weihnachten und Tänzer, die Tango tanzten.

Wie kommt das an? Man müsse Neues probieren, auch um jüngeres Publikum begeistern zu können. "Das Weihnachtsprogramm mit Jazzsängern fanden nicht alle, aber viele toll. Ich denke, die Gäste waren überrascht. Und das wollen wir."

Dieses Verb kommt Oskamp öfter über die Lippen. Überraschen will er mit Solisten, wie dem Klarinettisten Michael Collins, Yuri Revich (Violine) und der Pianistin Valentina Babor, aber auch mit den ausgewählten Konzerten und den eigens kreierten Titeln. Die lassen schmunzeln: "Liberté, Égalité, Frivolité". Und "Wo der Elch röhrt" - da kommen Grieg her und Sibelius, Nordgren und Larsen. "Musik aus Skandinavien" heißt der Untertitel.

"Wir müssen die Neugierde des Publikums wecken", sagt der Holländer. "Es gibt keine Selbstläufer", schließt er an und erinnert sich an "Klänge im Raum" in diesem Jahr und die Verdi-Opernabende. Schlecht verkauft trotz der guten Solisten und der schönen Musik. Auch das war eine Überraschung.

Überraschend ist auch die Ankündigung, dass Thomas Enzinger, Operettensommer-Urgestein, von Anbeginn dabei, im kommenden Jahr nicht mehr die Regie auf dem Bierer Berg übernehmen wird. Oskamp spricht von Meinungsverschiedenheiten. Er, in der 18. Auflage des Operettenspektakels in diesem Sommer erstmals musikalischer Leiter, setze auf Tempo und Tanz und die beim Stammpublikum beliebte Katharina Kutil. Äußerst professionell kam die 18. Auflage daher. "80 Prozent der Besetzung aus diesem Jahr ist wieder mit dabei."

Neu ist in der jetzt beginnenden Konzertsaison die Zusammenarbeit mit dem Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode. "Wir können dadurch Werke spielen, die für unser kleines Orchester sonst nicht möglich wären", sagt der Holländer. Mahlers Liederzyklus "Des Knaben Wunderhorn" und Bruckners sogenannte "nullte" Sinfonie werden am 8. Mai 2015 zum Abschluss der Großen Reihe in Schönebeck erklingen. Dieses gemeinsame Konzertieren soll ausgebaut werden.

Fortgeführt wird die seit Jahren währende Zusammenarbeit mit dem Impuls-Festival, ebenso das Philharmonische Frühstück sowie die Programme für Kindergärten und Schulen.

"Wir haben viel vor", sagt der Chefdirigent und setzt sich an seinen Rechner im Arbeitszimmer. Das Fenster gibt den Blick frei auf den Garten, auf das Gewächshaus. "Ich fühle mich sehr wohl hier."