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Frankfurter Buchmesse Politische Töne auf der Buchmesse

Kritik an Datensammelwut und weltweiter Vermögensverteilung - auf der Frankfurter Buchmesse waren am Freitag kritische Töne zu hören. Die Geschäfte gehen aber gut.

11.10.2014, 01:05

Frankfurt/Main (dpa) l Die Frankfurter Buchmesse hat zur Halbzeit ein erstes positives Fazit gezogen. Sprecherin Katja Böhne sprach am Freitag von einer "stark geschäftsorientierten" Messe. Bei den deutschen Verlagen sei die Talsohle durchschritten. Viele Firmen hätten sich nach der Konsolidierung auch digital neu aufgestellt.

Auf weltweiter Ebene werde die globale Vernetzung immer deutlicher: So komme der Roman des britischen Starautors David Nicholls ("Drei auf Reisen") gleich in mehreren Ländern nahezu gleichzeitig heraus. Nicholls hatte das Buch auch in Frankfurt vorgestellt.

Die Zahl der Besucher an den drei Fachbesuchertagen von Mittwoch bis Freitag bewegte sich nach Einschätzung der Messeorganisatoren auf dem Niveau des Vorjahres. Am Wochenende ist die Bücherschau auch für das allgemeine Publikum geöffnet. Die Veranstalter sind bisher von knapp 300 000 Besuchern ausgegangen.

Die Buchmesse präsentierte sich am Freitag mit politischen Tönen. Der neue Friedenspreisträger Jaron Lanier warnte bei einem Auftritt vor den Gefahren obsessiven Datensammelns. "Wir leben in sehr gruseligen Zeiten", sagte der US-Informatiker. Wer seine Daten Internet-Diensten wie Google und Facebook kostenlos überlasse, trage dazu bei, dass sich der Reichtum in den Händen weniger Milliardäre konzentriere. Zugleich werde die breite Mittelschicht der Gesellschaft geschwächt.

"Informationen sind Macht", sagte Lanier, der als Forscher an der Entwicklung des globalen Computernetzes mitwirkte. Wenn ein Staat mit den Daten seiner Bürger zu viel Macht erhalte, werde die Demokratie untergraben. In Deutschland erinnere das Beispiel der DDR daran, wie stark eine zentralisierte Informationsmacht in das Leben der Menschen eingreife. Am Sonntag wird Lanier in der Frankfurter Paulskirche mit dem mit 25000 Euro dotierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Der französische Bestseller-Autor Thomas Piketty ("Das Kapital im 21. Jahrhundert") verlangte mehr Transparenz beim Offenlegen von Vermögen. In vielen Ländern sei es sehr schwierig, entsprechende Daten zu erhalten, kritisierte der in Paris lehrende 43-jährige Professor gestern auf der Buchmesse. Sein Buch, das historisch das Ungleichgewicht zwischen Vermögen und dem Einkommen aus Arbeit in globaler Sicht untersucht, hat vor allem in den USA für Furore gesorgt. In Europa seien zwar die Vermögen nicht so ungerecht verteilt wie in den USA, sagte Piketty. Angesichts der rasant gestiegenen Immobilienpreise insbesondere in Metropolen wie Paris oder London sei es für junge Menschen aber kaum noch möglich, Wohnungseigentum mit Hilfe des eigenen Einkommens zu finanzieren.

Aus einem "menschlichen Blickwinkel" debattierten rund zwei Dutzend Autoren auf der Buchmesse drei Tage lang über politische Themen. Ideen wie die Staatsangehörigkeit des Geburtslandes statt die der Eltern oder die Einrichtung von Friedensministerien wurden diskutiert.