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Punkrocker Beatsteaks Erfolg ohne Nachdenken

Ihr siebentes Album heißt schlicht wie sie selbst: Beatsteaks. In den
Charts landete es aus dem Stand auf Platz eins. Wie man das als
Punkrockband schafft, darüber sprach Volksstimme-Redakteurin Elisa
Sowieja mit Gitarrist Peter Baumann.

Von Elisa Soieja 23.10.2014, 01:11

Volksstimme: Nervt es Sie und den Rest der Band eigentlich, dass Sie eine Frage zum neuen Album immer wieder beantworten müssen?
Peter Baumann: Sie meinen die Frage, warum es keinen Titel hat.

Richtig.
Nein, das nervt nicht. Wir konnten uns das vorher schon fast denken. Aber wir hatten einfach keinen Titel. Als wir das Foto für das Albumcover gesehen haben, über dem damals einfach nur "Beatsteaks" stand, dachten wir: Das sieht irgendwie gut aus. Aber es hat keinen tieferen Sinn.

Verraten Sie doch mal ein paar Ideen, die aufkamen.
Lieber nicht. Unser Gitarrist Bernd bringt bei jeder Platte an, dass sie jetzt mal "Boneshaker" heißen sollte. Darüber lachen wir uns immer kaputt. Aber ein richtiger Titel war eben nicht dabei. Und wenn die Titelsuche länger dauert als das Album selbst, dann sollte man es auch lieber lassen.

Das Album hat wie sein Vorgänger Platz eins der Charts erreicht. Haben Sie diesmal etwas anders gemacht?
Wir haben komischerweise ganz schön viel anders gemacht. Den Vorgänger haben wir lange produziert. Dieses Album entstand relativ schnell - ohne viel Nachdenken darüber, ob das, was wir machen, richtig ist. Wir haben eigentlich nicht viel über das Album nachgedacht. Wichtig war nur, dass es uns gefällt. Den Rest wollten wir auf uns zukommen lassen.

Wie schwierig ist es denn für eine Punkrock-Band, auf Platz eins zu landen? Ein wenig achten Sie sicher schon auf die Platzierung.
Noch mehr achtet die Plattenfirma darauf. Uns ist es natürlich auch nicht einerlei. Aber es ist nicht das größte Ziel in unserer Bandkarriere, dass die Alben Nummer eins erreichen. Wenn diese Platte nicht so weit oben gelandet wäre, hätten wir sie trotzdem lieb. Da haben wir eher Glück, dass so viele Leute Platten von uns ungesehen kaufen. Da muss man auch schon die Kirche im Dorf lassen.

Es ist aber auch nicht selbstverständlich, dass man mit Ihrer Musikrichtung ein größeres Publikum erreicht.
Das stimmt natürlich. Aber auch über das Publikum machen wir uns beim Einspielen nicht so viele Gedanken. Klar ist es uns nicht egal. Aber wir haben leider kein Rezept. Wir können nur darauf achten, dass uns die Musik gefällt. Und meistens gefällt sie dann ein paar anderen auch noch. Aber das kann man nicht garantieren. Da sollte man sich auch keine Gedanken machen.

2012 hatte Schlagzeuger Thomas einen schweren Unfall. Inwiefern hat der sich auf die Platte ausgewirkt?
Thomas sagt, er hat sich gar nicht ausgewirkt, weil es ihm unangenehm ist, dass es so viel Wirbel um ihn gab. Aber ich glaube, das hat natürlich schon eine Rolle gespielt. Nach dem sehr großen Schrecken, als wir nicht wussten, was wird, zu sehen, dass er schon wieder so gut trommeln kann, das war der Knaller. Wir waren einfach glücklich, dass wir Musik machen können - so wie Kinder. Deshalb haben wir nicht viel über die Musik diskutiert und nicht viel verschlimmbessert, sondern es fast so genommen, wie es kam.

Im Vergleich zu den ersten Beatsteaks-Alben klingen die heutigen melodischer. Ist das bewusst passiert?
Nein, das passiert unbewusst. Wir wollen uns nicht so sehr wiederholen. Klar finden wir es schön, wenn man soundmäßig wiederzuerkennen ist. Aber wir gehen da einen komischen Weg. Wir müssen die Musik leider für uns interessant halten. Dadurch wechseln wir oft mal die Fahrspur. Die Schrubberei haben wir schon gemacht, das macht auch total Spaß. Und wenn das wieder passiert, dann muss es einen Grund haben. Jedes Album ist bei uns eine Reaktion auf das davor. Wir versuchen einfach, gute Musik zu schreiben. In welche Kategorie das dann fällt, wissen wir selbst manchmal nicht.

Auch privat hat sich die Band verändert. Fühlt es sich anders an, jetzt als Väter auf der Bühne zu stehen?
Komischerweise denke ich auf der Bühne selten daran, dass ich einen Sohn habe. Denn dort ist alles wie immer. Man ist total aufgeregt, will etwas vorspielen, hofft, dass die Leute und wir einen guten Abend haben. Aber das Losfahren auf Tour ist ein bisschen schwieriger, weil man sich dann losreißen muss. Jetzt muss ich mir auch selbst im Klaren darüber sein, was ich meinem Sohn erzähle, wenn er fragt, was ich mache. Ich muss ihm das als Arbeit verkaufen, und es ist ja auch Arbeit.

Sie spielen meist vor großem Publikum. 2011 haben Sie in Halle ein Konzert vor 100 Zuhörern gegeben. Ist das im Vergleich nicht langweilig?
Überhaupt nicht. Alle sind genauso aufgeregt. In dem Moment, in dem uns jemand zuguckt, sind wir an. Das kann auch ein Freund sein, der im Proberaum vorbeikommt. Wir nehmen das alles gleich ernst.

2004 huldigten Ihnen Die Ärzte, als sie die Beatsteaks im Song "Unrockbar" erwähnten. Wie ist der Kontakt heute?
Es ist natürlich schwierig, über große Teile des Jahres verläuft sich das. Aber unregelmäßig haben wir Kontakt. Wir treffen uns auch ab und zu mal und spielen uns neue Sachen vor.

Nächstes Jahr feiert Ihre Band 20-jähriges Bestehen. Die Ärzte gibt es, mit Unterbrechung, seit 30 Jahren. Wie lange wollen Sie noch Musik machen?
Darüber machen wir uns nicht so richtig Gedanken. Wenn sich die Freude am Musikmachen nicht mehr abwiegen lassen würde mit den schlechten Sachen, wäre es schon ein Problem. Auch wenn die Musik keine Relevanz mehr hätte oder einem keiner mehr zuhören würde, wäre das vielleicht ein Punkt. Aber wir machen das nicht am Alter fest. Wir haben ja nichts anderes. Daher werden wir versuchen, das, was wir können, so lange wie möglich zu machen.