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Acker Bilk ist tot Vom Rabauken zur Jazzlegende

Von Teresa Dapp 04.11.2014, 01:13

London (dpa) l Seinen größten Erfolg hatte Jazzlegende Acker Bilk eigentlich seiner Tochter zu verdanken. Der sanft-fröhliche Ohrwurm "Stranger On The Shore" (1961) hieß ursprünglich "Jenny", Bilk hatte ihn für das Mädchen geschrieben. Als Titelsong einer Fernsehserie für Kinder hielt er sich rund ein Jahr in den Charts in Bilks britischer Heimat und schaffte es sogar in den USA auf Platz eins. Held der Hitparaden war Bilk zwar nicht lange, erfolgreich blieb er trotzdem über Jahrzehnte. Seinen Tod im Alter von 85 Jahren am Sonntag betrauert nicht nur die Jazzwelt.

Bernard Stanley Bilk kam 1929 im englischen Pensford zur Welt und hatte erst einmal ganz anderes im Sinn, als "einer der Musiker des britischen Traditional-Jazz-Booms der Nachkriegszeit mit dem höchsten Wiedererkennungswert" (BBC) zu werden. Seine Eltern drängten ihn zum Klavierspielen, doch der Sohn kickte lieber auf dem Fußballplatz, wie er später erzählte.

Bei einer Schlägerei in der Schule büßte er ein paar Zähne, beim Schlittenfahren einen halben Finger ein, womit er später seinen ganz eigenen Spielstil erklären sollte. Nach der Schule arbeitete der junge Bilk erst mal in einer Tabakfabrik und dilettierte nebenher im Boxen.

Umso mehr erstaunt die Karriere des Spätberufenen. Mit 18 griff er zur Klarinette, damals leistete er seinen Militärdienst ab, war in Ägypten stationiert und etwas gelangweilt. Das Instrument ließ ihn nicht mehr los. Zurück in England machte er die Musik zum Beruf und gründete die Paramount Jazz Band. Den Durchbruch schaffte er in Deutschland: In einer Düsseldorfer Bierstube entdeckte ihn ein PR-Agent.

Bereits das erste Album 1957 verkaufte sich gut. Für das zweite Album schrieb Bilk, dessen Spitzname "Acker" im Dialekt seiner Heimat "Freund" heißt, die ersten eigenen Stücke und erlangte mit "Stranger On The Shore" Weltruhm. Zu dieser Zeit hatte er auch längst sein Bühnen-Outfit gewählt, mit dem er nachfolgende Jazzmusiker-Generationen fast so sehr prägen sollte wie mit seiner Musik: Eine Weste, oft gestreift, und eine Melone auf dem Kopf. Auch wenn der Beat-Boom den an Dixieland angelehnten Stil des Trad Jazz aus den Charts vertrieb, blieb seine Fangemeinde "Mr. Acker Bilk" treu.

Nach einem Herzinfarkt im Alter von 47 Jahren gab Bilk zwar das Rauchen auf, nicht aber seine Karriere. Selbst der um die Jahrtausendwende diagnostizierte Kehlkopfkrebs hielt ihn nur vorübergehend von der Bühne fern. Seinen letzten Auftritt hatte er im August 2013 beim Brecon-Jazzfestival in Wales. Bilk starb am Sonntag, wie seine Managerin mitteilte.