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Harry Rowohlt wird 70 Der Held der Übersetzerszene

27.03.2015, 01:25

Hamburg (dpa) l "Hier kommen wir Hand in Hand, Christopher Robin und ich, um Dir dieses Buch auf den Schoß zu legen." Mit dieser Widmung beginnt die deutsche Übersetzung des Kinderbuch-Klassikers "Pu der Bär". Auf dem Buchdeckel steht nicht nur der Name des Autors A.A. Milne, sondern auch der des Übersetzers: Harry Rowohlt. Der Hamburger hat sich einen einzigartigen Ruf als Übersetzer erschrieben. Heute wird er 70.

Wer weniger in der Bücherwelt lebt und Übersetzungen wie die von Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter" oder Flann O`Briens "Auf Schwimmen-zwei-Vögel" nicht kennt, weiß dennoch mit einiger Wahrscheinlichkeit, wie Harry Rowohlt aussieht. Er spielt seit 20 Jahren den Penner Harry in der Lindenstraße. Die Mähne und der eindrucksvolle Bart sind seine Markenzeichen.

Harry Rowohlt erbte 49 Prozent des Verlags von seinem Vater Ernst Rowohlt, wollte aber nicht dort einsteigen. Sein Vater sei fünf Mal pleitegegangen. Diese Tradition hätte er als "erstes wiederbelebt", sagt Rowohlt. Sein Bruder und er verkauften den Verlag Anfang der 1980er Jahre an die Holtzbrinck-Gruppe.

Sein erstes Buch war "Pu der Bär", das ihm seine Mutter vorgelesen hat. Er habe sich dann entschlossen, selbst lesen zu lernen, um es "unbehelligt von der mütterlichen Betonung" zu lesen, sagt Rowohlt. Seine brummige, bisweilen auch scharfe Stimme, ist auf zahlreichen Hörbüchern zu vernehmen.

Vor allem ist Harry Rowohlt aber für seine Übersetzungen bekannt und berühmt. Er hat nicht nur "Pu der Bär" zu neuem Erfolg verholfen. Besonders haben es ihm die Iren angetan. Als Lieblingsautor nennt er oft Flann O`Brien. Nicht zuletzt dafür wurde ihm der Titel "Ambassador of Irish Whiskey" verliehen.

An die 200 Bücher hat Harry Rowohlt seit 1969 übersetzt. In der Szene wurde immer wieder über die Freiheit gestritten, die sich der eigenwillige Rowohlt beim Übersetzen nahm. "Harry Rowohlt war der erste Übersetzer, der auf dem Cover eines Buches erschienen ist", sagt die Übersetzerin Ruth Keen. "Weil er so gut, so genial ist, hat er Freiheiten, die andere nicht haben. In einer Zeit, wo Übersetzer bestenfalls im Kleingedruckten genannt wurden, hat er überhaupt mal gezeigt, wie wichtig Übersetzer sind."