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"Der Zigeunerbaron" am Nordharzer Städtebundtheater Zeitloses Spektakel unter freiem Himmel

Von Hans Walter 02.06.2015, 01:29

Thale l Für die Premiere der Operette "Der Zigeunerbaron" von Johann Strauß am Sonntag im Harzer Bergtheater Thale hatte der Gutwettergott ein Zeitfenster geöffnet. Gleich danach schloss es sich wieder.

Stilecht zur Premiere des "Zigeunerbaron" kamen die Orchestermusiker mit Pferd und Wagen vor den Toren der grünen Bühne an. Aber das Musikensemble des Nordharzer Städtebundtheaters war durch die vorhergegangenen Proben auf dem Berg stimmlich angeschlagen. Es fehlte an Zeit, der Inszenierung den Feinschliff zu geben.

Regisseurin Birgit Kronshage fand viele spannende Gedanken für ihre Inszenierung. Sie sieht sie als zeitloses Spektakel. "Ein notorischer Außenseiter und Herumtreiber namens Bárinkay komm aus dem Exil zurück in sein Heimatdorf, ein Ort von wilder Poesie versunken im Sand der Zeit, die hier nicht mehr fortzuschreiten scheint, in dem ein Haufen Dickschädel und verschrobener Typen lebt und seit Jahrhunderten die Dorfleute mit den ansässigen Zigeunern Cowboy und Indianer spielen. Man hasst sich, man streitet sich um Grenzen, ab und zu verhaut man sich ordentlich, und so kommt man prima miteinander aus ...

Bárinkay entscheidet sich rasch für die Seite der Zigeuner, nachdem die Tochter des Schweinefürsten Zsupán ihn zurückgewiesen hat. Ein Blick auf die junge Zigeunerin Saffi genügt, um ihn seinen Kummer vergessen zu lassen.

Mit seiner Entscheidung, die Seiten zu wechseln, mischt er die Gesellschaft gründlich auf. Nun hat er Besitz und Liebe und ist nicht nur Mitglied einer Gemeinschaft, sondern sogar als deren Anführer anerkannt, und zu allem Überfluss findet er auch noch einen sagenhaften Schatz." Ja. Und zu allem Überdruss zieht Bárinkay dann noch mit den Männern in einen Operettenkrieg, der ihnen bekommt wie eine Badekur. Bárinkay wird zum Baron geadelt.

Diesen Unsinn (Libretto von Ignaz Schnitzer) könnte man eigentlich nicht mehr spielen - wenn da nicht die außerordentlich feinsinnig charakterisierende Musik von Johann Strauß wäre. Der Schatzwalzer "Ha, seht, es blinkt, es winkt, es klingt", Zsupáns Ohrwurm "Borstenvieh und Schweinespeck", das lyrische "Wer uns getraut" oder die Hammerschläge im Schmiedetitel stehen als Beispiele dafür. Birgit Kronshage - die ich mit ihren Halberstädter Arbeiten wie der Revue "Traumschiff Operette" oder der klugen Inszenierung "Ball im Savoi" außerordentlich schätze - hat unverbindlich nette Figurentableaus gestellt. Sprachlich hohltönend, langweilig.

Den Löwenanteil des Erfolgs heimsten Runette Botha als liebreizende Saffi und Tobias Amadeus Schöner als Draufgänger Sándor Bárinkay ein.

Sängerisch ragten Klaus-Uwe Rein als Kálmán Zsupán, Bettina Pierags (Csipra), Nina Schubert (Arsena), Ki Soo Yoo (Ottokar), Juha Koskela (Graf Homonay) und Gijs Nijkamp (Carnero) heraus. Der Chor war eine Freude - wie immer! Vier Minuten Applaus.