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Kultur (dapd - Feature) Im Blaumeier-Atelier schaffen psychisch Kranke und Gesunde Kunst - Bremer Projekt feiert 25. Geburtstag - Maskenfest am 25. und 26. Februar -- Von Manuela Ellmers - (mit Bild/Hintergrund)

23.04.2011, 04:28

Bremen (dapd). Die künstlerische Zusammenarbeit von "normal Verrückten" und "verrückt Normalen" bewährt sich in Bremen seit 25 Jahren. Herausgekommen sind Theaterproduktionen, Ausstellungen, Maskenspiele und Chorauftritte. Das bundesweit einmalige Blaumeier-Atelier, in dem psychisch erkrankte und nicht erkrankte Menschen Kunst schaffen, feiert den Auftakt seines Jubiläumsjahres am 25. und 26. Februar mit einem großen Fest der Masken in den Wallanlagen hinter der Kunsthalle.

Masken haben für Blaumeier eine besondere Bedeutung: "Eine Maske bietet dem Spieler Schutz und macht es ihm zugleich auch leichter, sich zu zeigen", weiß Hellena Harttung, eine von 17 festen Mitarbeiterinnen des Kunstprojekts. Die 44-Jährige erwartet zu dem Spektakel insgesamt mehr als 250 Maskenspieler aus ganz Deutschland. Vom Blaumeier-Atelier werden etwa 50 dabei sein.

Zwtl: Skurrile Kunstwerke aus Pappmaché

Der Großteil der skurrilen Kunstwerke aus Pappmaché ist in den vergangenen Jahren entstanden, wie beispielsweise König Jakob aus dem dadaistischen Krippenspiel "Jakobs Krönung". Sie werden derzeit in der Werkstatt für das Fest herausgeputzt. Bühnenbildbauer Witold Lemanczyk legt letzte Hand an eine Kombination aus rollendem Paddelboot und riesigem Fischkopf. "Das Maul soll beim Paddeln auf und zuklappen", erklärt er.

Gisela Meyer hat es früher auch mit dem Maskenbau versucht. Aber das sei nichts für sie. "Einmal habe ich mir für ein Stück eine Maske gemacht, bei der der Mund zu klein war, so dass ich kaum Luft bekommen habe", erzählt die 79-Jährige. Sie spiele lieber ohne Maske. "Ich mache mich gerne schick und singe sehr gerne. Ich bin eine Diva", sagt sie selbstbewusst.

Die Bremerin ist schon von Anfang an bei Blaumeier. Ihr Traum sei es immer gewesen, Schauspielerin zu werden, "aber ich hatte nie das Geld dafür". Bei Blaumeier kann sie ihren Traum leben. Mal spielte die 79-jährige eine Gräfin, mal den Teufel oder Gretchens Tante. Das Ein-Personen-Stück "Chanella" und auch "Hereinspaziert" hat sie sogar selbst geschrieben, "weil ich alles kann, alles will und viel mache", betont sie. Jeden Donnerstag singt sie im "Chor Don Bleu".

Zwtl: 250 Menschen nutzen allwöchentlich die Angebote

Masken, Theater, Musik, Malerei, Fotografie und eine Schreibwerkstatt stehen auf dem Programm des Blaumeier-Ateliers. Etwa 250 Menschen mit und ohne Behinderung oder psychischer Erkrankung nehmen nach Angaben von Ralf Stüwe Woche für Woche an den freiwilligen und kostenlosen Angeboten teil. Stüwe ist ein Mann der ersten Blaumeier-Stunde. Der heute 53-Jährige studierte Kunst und Deutsch an der Universität Oldenburg, als er sich 1985 einer Gruppe anschloss, um mit Patienten und Betreuern der psychiatrischen Anstalt Kloster Blankenburg künstlerisch zu arbeiten.

Noch im selben Jahr machte sich die sogenannte Blaue Karawane aus rund 80 Künstlern, Patienten, Betreuern und Interessierten mit vielfältigen Masken und einer Skulptur der Bremer Stadtmusikanten auf, die deutsche und italienische Psychiatrielandschaft zu erkunden. Hintergrund des Kunstprojekts war die Auflösung der Anstalt im Zuge der Psychiatriereform und die Unterbringung der Patienten in betreuten Wohngemeinschaften. Nach der Rückkehr der "Blauen Karawane" gründete sich 1986 das Blaumeier-Atelier.

Zwtl: Öffentliche Hand finanziert gut 20 Prozent

"Wir wollten weiterhin künstlerisch arbeiten und wir wollten uns mit der Kunst von Anfang an auch zeigen", betont Stüwe. Insofern waren die Masken auch ein geeignetes Stilmittel, um Aufmerksamkeit zu erregen. Ähnlich kreativ wie die Projekte ist auch die Finanzierung des Blaumeier-Ateliers. Gut 20 Prozent trägt nach Angaben von Harttung die öffentliche Hand, der Rest müsse eingeworben werden.

Die spezielle Atmosphäre sei für alle anregend, weiß Stüwe. Mit dem Film "Verrückt in Paris" schaffte es Blaumeier 2002 sogar bis auf die Berlinale und anschließend in die Kinos. Gisela Meyer erinnert sich noch gut an die Dreharbeiten. "Film machen ist furchtbar", sagt sie. "Ich musste zwölf Stunden warten, bis ich zwei Sätze sagen konnte", erklärt die 79-jährige ganz divenhaft.

Bildhinweis: 070211BRE122, 070211BRE127, 070211BRE129, 070211BRE131, 070211BRE133

dapd/ela/lyh /4