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Der peruanische Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa feiert seinen 75. Geburtstag "Der Tod wird mich mit der Feder in der Hand treffen"

28.03.2011, 04:33

Der Von Klaus Blume

Berlin (dpa). Das schönste Geschenk gab es für Mario Vargas Llosa schon einige Monate vor seinem runden Geburtstag: Als er kaum noch damit rechnete, Jahrzehnte nach seinen ersten großen Erfolgen, erhielt der ergraute Schriftsteller im vorigen Herbst den Literaturnobelpreis. Jetzt hat der Weltbürger, der in Europa ebenso zu Hause ist wie in seinem Geburtsland Peru, wieder Grund zum Feiern: Heute wird Vargas Llosa 75 Jahre alt.

Der Peruaner, der auch die spanische Staatsangehörigkeit besitzt, ist einer der großen alten Männer der lateinamerikanischen Literatur. Eigentlich war er es, der 1962 mit seinem Roman "Die Stadt und die Hunde" (dt. 1966) den sogenannten "Boom" einleitete, den Siegeszug lateinamerikanischer Literatur in der Welt, zu dem auch Autoren wie Gabriel García Márquez (Kolumbien), Carlos Fuentes (Mexiko) oder Julio Cortázar (Argentinien) beitrugen. Es folgten "Das grüne Haus" (1967, dt. 1968) und "Gespräch in der Kathedrale" (1969, dt. 1976). Viele Kritiker halten diese drei frühen Romane für seine besten.

Schon damals lebte der 1936 im südperuanischen Arequipa geborene Literat die meiste Zeit in Europa. Sein Weg hinaus in die Welt hatte mit einem handfesten Krach begonnen: 1955 heiratete er gegen den härtesten Widerstand der eigenen Familie im zarten Alter von 19 Jahren seine zehn Jahre ältere angeheiratete Tante Julia Urquidi. Beide zogen erst nach Madrid und dann nach Paris, wo die Ehe 1964 zu Bruch ging. Vargas Llosa heiratete ein Jahr später wieder, diesmal seine Cousine Patricia Llosa, eine Nichte seiner ersten Frau. Mit ihr ist er noch heute verheiratet und hat drei Kinder.

Seiner ersten Frau setzte er 1977 mit "Tante Julia und der Kunstschreiber" (dt. 1979) ein literarisches Denkmal, ein eher heiterer Roman, in dem er die Beziehung verarbeitete. Julia fand das gar nicht witzig und schrieb einige Jahre später das Gegenbuch "Lo que Varguitas no dijo" ("Was der kleine Vargas nicht sagte"). Dem Ruhm des Großschriftstellers tat das keinen Abbruch.

Politisch engagierter Schriftsteller

Seine Werke erfassten mit den Jahren ein immer breiteres Spektrum und beschränkten sich thematisch längst nicht mehr auf sein Heimatland Peru. Ein großer Erfolg der späten Jahre wurde "Das Fest des Ziegenbocks" (2000, dt. 2001), ein Roman über Leben und Tod des dominikanischen Diktators Rafael Leónidas Trujillo. Sein im November erschienener jüngster Roman "El sueño del celta" ("Der Traum des Kelten") soll auf Deutsch im September bei Suhrkamp herauskommen. Die Lebensgeschichte des irischen Diplomaten Roger Casement zählt aber nicht zu Vargas Llosas stärksten Werken.

Vargas Llosa ist ein politisch engagierter Schriftsteller, der aber nicht nur wie seine Nobelpreiskollegen Günter Grass oder García Márquez öffentlich Stellung bezieht, sondern sich auch einmal selbst als Politiker versucht hat. 1990 wollte er Präsident werden. Er zog nach Peru in den Wahlkampf, hielt landauf, landab wunderschöne Reden, die seine Freunde entzückten, die von der einfachen Landbevölkerung aber nicht verstanden wurden. Am Ende siegte der Außenseiter Alberto Fujimori – und Vargas Llosa sagte der aktiven Politik Lebewohl.

Seine radikal liberalen Ansichten machen Vargas Llosa in der nach links neigenden lateinamerikanischen Intellektuellenzunft zum Außenseiter. Mit seinem einstigen Freund García Márquez, einem Parteigänger Fidel Castros, hat er sich längst überworfen. Er soll ihn sogar einmal mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt haben. Über die Gründe – ob Frauen oder Politik – wird seit dem Vorfall vom Februar 1976 spekuliert. Fakt ist, dass die beiden Herren seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander sprechen.

Aber eigentlich neigt der Literat nicht zur Gewalt. Menschen, die ihn kennen, preisen ihn als höflich, als angenehm im Umgang und – falls es sich um weibliche Gesprächspartner handelt – als "Kavalier der alten Schule". Er beeindruckt mit seiner umfassenden Bildung, aber auch mit der Bereitschaft zuzuhören. Und er ist auch ein sehr disziplinierter Arbeiter, dem der Nobelpreisrummel die gewohnte Routine durcheinanderwirbelte. An Rente mit 75 denkt Vargas Llosa nicht. "Der Tod wird mich mit der Feder in der Hand antreffen", sagte er bei der Vorstellung seines jüngsten Romans.