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Angespannte Finanzsituation im Nordharzer Städtebundtheater Vieles in der Diskussion: Neue Struktur, Open Air und Preise

Von Grit Warnat und Tom Koch 13.01.2011, 04:24

Die finanzielle Situation am Nordharzer Städtebundtheater hat sich verschärft. Das Defizit des Drei-Sparten-Hauses ist weiter angewachsen, in diesem Jahr wird mit einem Minus von 300 000 Euro gerechnet. Eine Preiserhöhung ist in der Diskussion, ebenso Strukturveränderungen und weniger Freilichtaufführungen. Zudem fordert Quedlinburgs Oberbürgermeister "eine ehrliche Diskussion über die Zukunft unseres Theaters".

Quedlinburg/Halberstadt. Ein wirtschaftlich schwieriges Jahr liegt hinter dem Nordharzer Städtebundtheater mit seinen Spielstätten in Halberstadt und Quedlinburg. Und Quedlinburgs Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD) erwartet, die finanzielle Lage werde sich "weiter verschärfen".

Der sogenannte Gesamtkostendeckungsgrad des Theaters habe sich von 16 auf 15 Prozent verringert. Der vom Harzkreis (zu 55,5 Prozent) und den Kommunen Halberstadt (31,4 %) und Quedlinburg (13,1 %) getragene Theater-Zweckverband habe im Jahr 2009 ein Defizit von 87 000 Euro verzeichnet. Im Vorjahr soll das Minus 196 000 Euro betragen haben, und da das Theater jährlich mit 100 000 Euro "unterfinanziert" sei, werde laut Brecht für 2011 ein Haushaltsdefizit von 300 000 Euro erwartet.

"Wir haben Probleme im Freilichtbereich gehabt", nennt Intendant Johannes Rieger einen wichtigen Grund für dieses Finanzloch. "Bei einem Viertel unserer Zuschauerzahl sind wir vom Wetter abhängig", sagt Rieger und meint damit die traditionelle Freilichtsaison im Bergtheater Thale und auf der Waldbühne Altenbrak. Das Haus habe unter dem "megamiesen Wetter" im vergangenen Sommer gelitten, das 5000 zahlende Gäste gekostet habe. Auch der Gastspielmarkt gestalte sich immer schwieriger, sagt Rieger. Haben die Kommunen kein Geld, kaufen sie auch Gastspiele immer seltener ein. Rieger: "Wir müssen auf unsere festen Spielstätten setzen, die sind unsere starken Säulen."

Im Haus laufe es "fantastisch", zeigt sich Rieger äußerst zufrieden über den Zuspruch. Am 1. Juni 2010 – da hatte die Freilichtsaison noch nicht begonnen – hatte das Theater 104 000 Besucher für die Spielzeit 2009/10 verkündet. Eine Gästezahl wie im Vorjahr. Um mit dieser Besucherkonstanz zu punkten, gibt es Überlegungen, künftig mehr auf Vorstellungen im Theaterhaus zu setzen und die Freilichtsaison zu verkürzen. Auch über neue Preise wird diskutiert.

Die kommunalen Träger haben die Theaterleitung aufgefordert, Vorschläge für eine moderate Preiserhöhung zu erarbeiten. Derzeit kostet eine Karte für Musiktheater, Schauspiel und Konzert im Großen Haus in Halberstadt und in Quedlinburg 19 Euro (Preisgruppe 1). "Riesige Schritte können wir da nicht machen, nur mit kleinen Stellschräubchen arbeiten", sagt der Intendant. Wie die konkret aussehen werden, dazu äußerte sich Rieger noch nicht. Doch die Zeit drängt: Bis Mitte März sollen Vorschläge für die nächste Spielzeit vorgelegt werden.

Landrat Michael Ermrich (CDU) hat zudem im Kreistag bereits das Wort von einer "Theater-Sonderumlage" ausgesprochen. Beschlossen ist diese aber noch nicht – wie auch, derzeit ist auch deren Höhe völlig unklar.

Deutlich komplizierter sind da die Überlegungen für eine gemeinsame Organisationsstruktur von Philharmonischem Kammerorchester Wernigerode und Nordharzer Städtebundtheater – vor allem, weil es unterschiedliche Rechtsformen gibt. Das Kammerorchester wird als GmbH geführt, das Theater von einem Zweckverband getragen. Das Kultusministerium, das das Theater und das Orchester mitfinanziert, hat unmissverständlich eine engere Zusammenarbeit verlangt. In den Förderverträgen wird bereits ein dauerhaftes "Rechts- und Betreibermodell" gefordert.

Ministerium fordert engere Zusammenarbeit

Laut Pressestelle der Harzer Kreisverwaltung ist mit einer entsprechenden Beschlussvorlage für den Kreistag nicht vor dem dritten Quartal 2011 auszugehen. "Wir sind für Kooperationen in jeder Form offen. Eine schnelle Fusion aber ist kontraproduktiv, auch wirtschaftlich gesehen", ist Johannes Rieger überzeugt.

Im Gespräch ist unter anderem eine Holding als neues Strukturmodell. Das hatte die Verbandsversammlung des Zweckverbandes im November 2010 vorgeschlagen. Um den verschiedenen Rechtsformen aus dem Weg zu gehen, gibt es Überlegungen, den Zweckverband aufzulösen und das Nordharzer Städtebundtheater künftig als GmbH zu führen.

Obwohl dies ein richtiger Schritt sei, löse das nicht den Grundwiderspruch aus "steigendem Zuschussbedarf des Theaters und drastischen Einsparungsvorgaben für die kommunalen Träger", so Quedlinburgs Oberbürgermeister. Daher rief Brecht in der jüngsten Stadtratssitzung auf: "Nicht nur in der Verbandsversammlung, auch in der Öffentlichkeit sollte endlich eine ehrliche Diskussion über die Zukunft unseres Theater geführt werden."

Bis zum Jahresende sollte es Klarheit hinsichtlich der Strukturveränderungen geben. Denn 2012 geht es um die neuen Theater-Förderverträge. Da ist Verhandlungssicherheit dringend notwendig. Das Land finanziert das Nordharzer Städtebundtheater von 2009 bis 2012 mit insgesamt 13,4 Millionen Euro, das entspricht dem Höchstförderanteil von 50 Prozent.

Rieger sieht dem Jahr 2011 optimistisch entgegen und zitiert Karl Popper, einen seiner Lieblingsphilosophen, der da sagte: Optimismus ist Pflicht. "Wir werden in unseren Häusern in Quedlinburg und in Halberstadt sehr von unserem Publikum getragen. Das gibt Kraft, Mut und Zuversicht, um andere Dinge neu zu justieren."