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Festspiele in Ralswiek wollen in diesem Jahr Grenzen überschreiten Störtebeker reist bis zum Maurenpalast Alhambra

Von Martina Rathke 10.04.2010, 04:50

Störtebeker kämpft in diesem Sommer in der Alhambra. Am 10. Mai beginnen die Proben für die 18. Störtebeker-Festspiele mit 120 Mitwirkenden, vier Koggen und 30 Pferden.

Ralswiek ( dpa ). In der Störtebeker-Kostümwerkstatt

schwelgt Christina Maass in den Farben des Orients : Stoffballen in Zimt und Nougat, in Gold, Silber und warmen Rottönen türmen sich bis unter die Decke in den Regalen in Ralswiek auf Rügen.

Statt warmer Kleidung aus Jute, Wolle und Leinen – wie sie im mittelalterlichen Ostseeraum getragen wurde – entwerfen die Kostümbildner in diesem Jahr 70 völlig andersartige Komparsenkostüme. Denn das neue Abenteuer der Störtebeker-Festspiele auf der Naturbühne Ralswiek, dem größten Freilufttheater in Deutschland mit im Vorjahr fast 400 000 Besuchern, führt den Piratenhelden in eine neue Welt, an die Grenze zwischen Christentum und Islam, ins andalusische Granada.

" Diese Kostüme sind eine tolle Herausforderung ", sagt die 53-jährige Werkstattleiterin, die Ideen in Büchern, Zeitschriften und Filmen sammelte. Rund einen Kilometer Stoffe haben die Näherinnen bereits verarbeitet – unter anderem zu einem maßgeschneiderten Pfauenmantel, den die Schauspielerin und " Dschungelkönigin " Ingrid van Bergen tragen wird.

Im diesjährigen Stück " Störtebekers Gold – Der Fluch des Mauren " reist Störtebeker auf der Suche nach dem legendären Templerschatz bis zum prachtvollen Maurenpalast Alhambra. Doch nicht nur territorial überschreitet das Stück Grenzen. Die Aktionsfläche für die Schauspieler werde größer, die bis zu 8400 Zuschauer hätten jetzt einen besseren Blick auf den Jasmunder Bodden, sagt Intendant Peter Hick. " Allein 18 Kilometer Holzbohlen und -bretter wurden für die Kulissen verarbeitet.

Dem Theatermacher ist die Begeisterung und Vorfreude anzumerken – auch in der 18. Theatersaison ist von Langeweile keine Spur : " Ich habe den schönsten Arbeitsplatz, den es gibt. " Jahr für Jahr setzen die Störtebeker-Festspiele mit immer neuen Besucherrekorden – zuletzt rund 395 000 – die Messlatte höher und treiben damit auch die Erwartungen des Publikums in die Höhe. Die Zahlen seien sekundär, sagt Hick dennoch. Der Erfolg komme, wenn das Stück das Publikum begeistere – durch eine interessante Story, tolle Darsteller und neue überraschende Effekte. Zu viel vom neuen Bühnenzauber will Hick nicht verraten, doch unter dem Sand der Naturbühne wurden bereits Wasser und Gasleitungen verlegt, damit spätestens zur Premiere am 19. Juni " brennendes Wasser " aus einem Brunnen emporschießen kann.

Der Störtebeker-Betrieb, nicht wie andere Theater mit Steuergeldern subventioniert, hat das Ohr am Publikum und am Zeitgeist. " Einen Fehlschlag können wir uns nicht leisten ", sagt Hick. Mit Holger Mahlich hat der Intendant einen bewährten Regisseur an seiner Seite. Sascha Gluth als Störtebeker und Dietmar Lahaine als Goedeke Michels gelten als sichere Bank für die Publikumsgunst. Für frischen Wind sorgt Claudia Gaebel als neue Geliebte des Piraten.

" Die Krise ist bei uns nicht angekommen ", sagt Hick. Sie wird jedoch wie bereits 2009 zum Thema gemacht. Finanzhaie und die Macht der Banken bestimmen im zweiten Teil der Trilogie um den Templerschatz das Geschehen. Die in Granada vermutete Reliquie des Heiligen Antonius, die Störtebeker dem Schatz näher bringen soll, ist im Besitz genuesischer Finanzjongleure. Dass der historische Störtebeker in Andalusien war, ist nicht belegt. Doch nachgewiesen ist, dass er den Hamburger Ratsherren kurz vor seiner Hinrichtung eine armdicke Kette aus Gold für seine Freilassung bot. Wegen dieses wahren Krümels Historie wird Störtebeker nach Andalusien geführt.

Der Ticketverkauf liegt in diesem Jahr mit 145 000 verkauften und reservierten Karten bereits rund fünf Prozent über dem Vorjahresniveau.