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" Tanz um dein Leben " Maldooms bewegende Autobiografie

Von Brita Janssen 20.03.2010, 04:49

Achtung, dieses Buch könnte Ihr Leben verändern ! Warum ? Es ist unglaublich bewegend, prall von Geschichten, bitteren und komischen Erfahrungen, es trifft mitten ins Herz, ohne kitschig zu sein, und macht ganz viel Mut und Hoffnung darauf, dass sich in dieser tristen Welt doch so etwas wie Gemeinschaft und respektvolle Nähe herstellen lassen. Royston Maldooms Autobiografie " Tanz um dein Leben – Meine Arbeit, meine Geschichte " ist an einigen Stellen so berührend, dass es einem die Tränen in die Augen treibt.

Hamburg ( dpa ). Und es weckt den Wunsch, selber etwas Positives zu bewegen – oder doch zumindest die dabei zu unterstützen, die es mit ganzer Hingabe tun. Das bekannteste Tanzprojekt des britischen Tänzers und Choreografen Maldoom kam 2003 auf Initiative von Sir Simon Rattle zustande. Mit rund 250 Berliner Kindern und Jugendlichen aus 25 Nationen und den Berliner Philharmonikern unter der Leitung Rattles erarbeitete er Igor Strawinskys Ballett " Le Sacre du Printemps " ( Das Frühlingsopfer ). Der Dokumentarfilm " Rhythm Is It !" begleitete das Projekt und machte Maldoom, der am 25. März 67 Jahre wird, international bekannt. Seitdem ist der Tanzpädagoge in Berlin zu Hause und in Deutschland besonders an Schulen und sozialen Einrichtungen ein gefragter Mann.

Maldooms Buch ist eine Liebeserklärung an die transformatorische Macht des Tanzes. Die Kapitel wechseln zwischen eher theoretischen Abhandlungen und der Erzählung seines bunten, wechselvollen Lebens. Ob es um den frühen Tod seiner Mutter geht, die furchtbare Zeit im Waisenhaus, um Monate als Obdachloser, das harte Dasein als freier Tänzer, um die Probleme eines schwulen Mannes in den 60 er Jahren oder die Arbeit für Tanzprojekte in Krisengebieten der ganzen Welt – die Erzählungen dieses schmalen Mannes mit dem zerfurchten Gesicht und den wachen, liebevollen Augen sind lebendig und sehr anschaulich.

Sie machen eines ganz klar : Hier schreibt jemand, der das Leben auch von seinen finsteren Seiten kennt.

Wohl auch deshalb kommt Maldoom mit schwierigsten Jugendlichen klar, schafft es, hartgesottene Knackis zum Tanzen zu bringen, Schwarze und Weiße im frühen Südafrika auf der Bühne zu vereinen, die ganz eigene Ästhetik im Tanz von Menschen mit Behinderungen zu entdecken und unglaubliche, versöhnende Projekte über soziale, ethnische und religiöse Grenzen hinweg – in Nordirland, Bosnien, Peru oder Litauen – zu realisieren. Mit Straßenkindern in Äthiopien studiert er Orffs " Carmina Burana " ein und beschreibt, wie daraus ein ganz neues Netzwerk sozialer Verbindungen weit über die bewegende Aufführung hinaus entsteht.

Selbstvertrauen und

Leidenschaft wecken

Das Konzept des künstlerischen Laientanzes in Gemeinden, der Community Dance, macht Maldoom populär. Seine spektakulären Projekte, die sich nur dank unglaublichen Engagements der Beteiligten und Spendengelder verwirklichen lassen, bringen ihm schließlich viele hohe Auszeichnungen ein.

Dabei fasst der Künstler seine Tänzer nicht mit Samthandschuhen an. Es geht ihm darum, aus jedem das Beste herauszuholen – aber nicht für den eigenen Ruhm, sondern für das Selbstvertrauen der Mitwirkenden. Respekt, Leidenschaft, Herausforderung, Glaube und Liebe seien wichtige Elemente seiner Arbeit, betont Maldoom, der sich immer nur als Teil des Ganzen begreift. Mit Selbstdisziplin und Konzentration sollen die Teilnehmer beim Tanzen lernen, mit sich und Anderen wortlos und ohne Konkurrenz in Kontakt zu treten.

" Tanz bedeutet gemeinsames Wachstum – man teilt den Raum mit anderen, hält den Partner und verlässt sich auf ihn. ( ... ) Das Tanzen hilft uns, glücklich zu sein, selbst wenn wir damit unsere Sorgen und Ängste ausdrücken. " Tanz hat für Maldoom eine heilende Kraft mit der Fähigkeit, den Menschen zu verwandeln. Die Zeiten, in denen Maldoom mit einem klapprigen Campingbus durch ganz Europa tuckerte, sind lange passé, und mittlerweile erkennen viele den in der Öffentlichkeit eher scheuen Mann und bombardieren ihn wie einen modernen Guru mit Fragen.

In einer ehrlichen Bilanz am Ende der Autobiografie schreibt Maldoom denn auch bedauernd, mit der Popularität gehe ihm seine Identität zunehmend verloren.

Vielleicht auch deshalb hat er 2010 zu seinem Sabbat-Jahr erklärt und will sich nach der Buchpremiere seiner Lebensbeschreibung, am 11. März in Berlin, erst mal zurückziehen.

Royston Maldoom : Tanz um dein Leben. Meine Arbeit – meine Geschichte, 320 S ., Euro 22, 95, S. Fischer Verlag, Frankfurt / M ., ISBN 978-3-10-047390-5.