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Roman Liebe unter Lebensgefahr

Die gefährliche Liebe zu einer muslimischen Frau ist Thema eines Romans von Mark Krüger. Er verarbeitet darin eigene Erfahrungen.

Von Elisa Sowieja 13.05.2016, 10:46

Halberstadt l Mark Krüger sitzt inmitten deutscher Dorfidylle. In einem verschlafenen Harz­ort, an einer Gasse, durch die kaum ein Auto passt, steht sein Familienheim mit Garten. Zwischen Tannen und Stiefmütterchen hat er es sich gemütlich gemacht, in den Händen hält Krüger seinen ersten Roman. Zu diesem friedlichen Bild ist das Buch ein harter Kontrast. Es erzählt von einem Paar in Afghanistan, das sich füreinander in Lebensgefahr begibt. „Nila. Sie durften sich nicht lieben“, so der Titel. „Inspiration war meine eigene Geschichte“, sagt der 38-Jährige, der vor seinem Debut als Autor hauptberuflich Schlagersänger war.

Protagonist ist ein westlicher Mann: der US-Soldat Eric Jones. Beim Einsatz in Afghanistan überlebt er als einziger einen Anschlag auf seinen Konvoi. Auf der Flucht vor den Terroristen schleppt er sich verletzt durch die Wüste. Als er ein Dorf erreicht, versteckt ihn das Mädchen Nila im Keller.

Eric, ein Patriot, der in Moslems das Gift der Welt sieht, beginnt, sich ausgerechnet in die Muslimin zu verlieben. Dann erfährt er auch noch, dass Männer aus seinem Land in Afghanistan vergewaltigt und gemordet haben. Seine Welt aus Schwarz-Weiß-Denken bröckelt.

Bald muss er sich entscheiden: Versucht er, zu seiner Truppe zu gelangen, oder bleibt er bei Nila, wo er fürchten muss, dass die Terroristen ihn finden? Die Beziehung scheint chancenlos – und wird weiter erschwert, als ein Wirt im Dorf, zugleich Unterhändler der Taliban, versucht, Nila mit Gewalt für sich zu gewinnen.

Nun ist Krüger keinen Terroristen zum Opfer gefallen. Allerdings, erzählt er, habe auch er eine Beziehung zu einer Muslimin gehabt, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war und in der er um sein Leben fürchtete. „Ich habe zwei Jahre lang mit ihr in Tunesien gelebt.“ Im Urlaub in Sousse habe er sie kennengelernt – eine Hotel-Animateurin mit langen, schwarzen Locken. Nach einer Woche habe er beschlossen, im selben Hotel als Animateur anzufangen. Schnell habe er gemerkt, was es bedeute, mit einer Araberin zusammenzusein. „Ich musste zum Islam konvertieren und mich mit ihr verloben.“

Doch obwohl er mitspielte, habe ihn sein Schwager in spe ihn loswerden und sie mit einem Wirt verheiraten wollen. „Als ich für einige Tage in Deutschland war, versteckte er sie in einem abgelegenen Dorf.“ Auch als er sie gefunden hatte, habe der Schwager nicht aufgegeben. „Eines Tages verprügelte er sie vor meinen Augen, während mich zwei Männer festhielten. Danach drohte er, ich solle verschwinden, sonst würden die Männer mit mir in die Wüste fahren.“ Daraufhin sei das Paar geflohen.

In der fiktiven Geschichte kommt der Islam besser weg als in Krügers Erzählungen. Während im Roman fast alle Dorfbewohner tolerant sind und Nilas Vater nicht einmal fordert, dass Eric konvertiert, erinnert sich der Autor an viele Angstmomente. „Auf der Straße gingen oft Männer auf mich los, weil ich als Europäer mit einer Araberin unterwegs war.“ Im Buch habe er sein Wunschdenken skizziert, erklärt er. Doch einen Groll gegen den Islam hege er trotz allem nicht. „Viele Moslems haben uns ja sogar geholfen.“

Ob Nila und Eric eine Chance haben, lässt Krüger offen. Seine eigene Geschichte, sagt er, habe kein Happy End gehabt. „Nach drei Monaten ging mein Geld zur Neige, und irgendwann hätte uns die Familie gefunden.“ Genau wie Eric im Roman habe auch er Szenarien durchgespielt, wie er seine Liebste nach Deutschland schmuggeln könne – vergebens. Schließlich habe er aufgegeben. Um beiden den Abschied zu ersparen, habe er sich nachts weggeschlichen. Zurück in Deutschland, habe er einen Freund bei ihr anrufen lassen. „Er erzählte ihr, ich sei bei einem Autounfall gestorben. So galt sie bei ihrer Familie nicht als beschmutzt.“

Zehn Jahre sei das jetzt her, sagt Krüger. Gleich nach seiner Rückkehr habe er die Geschichte aufgeschrieben – jedoch ohne sie zu veröffentlichen. „Ich habe zu emotional geschrieben. Damals ging es mir nur darum, alles zu verarbeiten“, sagt er. „Für den Roman wollte ich meine Geschichte lieber in einen anderen Kontext setzen.“

Dass er nie in Afghanistan war, hat der Autor kompensiert: „Das Gerüst habe ich zusammen mit einem Soldaten erstellt, der dort stationiert war.“

* Auf Bitte des Autors wird nur sein Künstlername veröffentlicht.