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Theater Magdeburg Musical-Klassiker ganz aktuell

Zurzeit probt Sebastian Ritschel das Musical "Cabaret" am Magdeburger Theater. Die Volksstimme sprach mit dem Regisseur.

Von Gisela Begrich 07.11.2016, 23:01

Herr Ritschel, was reizt Sie an „Cabaret“?

Sebastian Ritschel: In „Cabaret“ kann man alle Zutaten für ein erfolgreiches Stück finden: Eine berührende Geschichte, mitreißende Musik und eine Quintessenz, die niemals an Aktualität verlieren wird. Das Stück spielt zu Beginn der 1930er Jahre und zeigt das Aufeinanderprallen des aufkeimenden Nationalsozialismus mit der überbordenden Lebensvielfalt in der Metropole Berlin. Die konzeptionelle Idee, reale Geschichte und „Theater im Theater“ zu verbinden, ist geradezu ein Geschenk für einen Regisseur.

Was meinen Sie mit „Konzept“?

Alles, was zwischen den Figuren, dem amerikanischen Schriftsteller Cliff und der Nachtclubsängerin Sally, dem jüdischen Obsthändler Schultz und Fräulein Schneider geschieht, alle privaten und politischen Dinge, werden in der Cabaret-Welt überhöht. Der Kit-Kat-Klub wird damit zum politischem Barometer.

Sehen Sie in dem Stoff aktuelle Bezüge und wenn Ja, wie gehen Sie damit um?

Dass wir in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und wiedererstarktem Rechtsdruck leben, ist kein Geheimnis. Das Theater ist genau der richtige Ort, um dies zu reflektieren. Aber es wäre falsch, das historische Geschehen der 30er Jahre nach 2016 zu zerren, denn platte Aktualisierungen verlieren schnell ihr Haltbarkeitsdatum. Übrigens hätte ich das Stück vor drei Jahren nicht anders inszeniert.

Auch ein Musical bietet Interpretationsspielräume. Eindrucksvoll präsentierte der Film die schillernde Persönlichkeit des Conférenciers. Manche Zuschauer erinnern sich noch an Joel Greys Darstellung. Wie sehen Sie diese Rolle?

Der Conférencier ist eine Figur mit vielen Masken: vulgärerer Possenreißer, eleganter Moderator, trauriger Clown und diktatorischer Harlekin. Er ist der „Große Kommentator“ des Stückes und der eigentliche Hauptdarsteller des Cabarets. Über ihn persönlich wissen wir gar nichts. Er ist eine Folie, ein Spiegel seiner Zeit.

Der Besetzungszettel sagt aus, dass Sie auch für die Ausstattung verantwortlich sind?

Das ist richtig. Es gibt Stücke, da habe ich sofort einen Zugang und ich weiß, auf welche Art und Weise ich dieses Stück auf die Bühne bringen will.

Und die wäre in diesem konkreten Fall?

Die Bühne zitiert eine optisch durchaus attraktive Vergangenheit durch nachgebildete Leuchtreklame und eine übergroße Revuetreppe, die in ihrer Monumentalität weitere Assoziationen weckt. Die andere Seite der Medaille - das Privatleben der Figuren - findet davon deutlich abgegrenzt statt.

Bekanntermaßen gibt es ja zwei verschiedene Orchesterfassungen…

Wir greifen auf die Große, die Originalfassung zurück! Die kleine Fassung eignet sich eher für einen intimen Rahme. Außerdem steht - neben den zahlreichen Solisten das große Tanzensemble, der Opernchor, der Kinderchor - die Magdeburgische Philharmonie zur Verfügung.

Zum Schluss noch eine ganz persönliche Frage. Ich weiß, Sie inszenieren auch Oper, wo schlägt Ihr Herz?

Mein Herz schlägt dann am heftigsten, wenn ich ein gutes Stück inszenieren darf! Dann ist es egal, ob es Oper, Operette oder Musical ist. Die Ernsthaftigkeit in der Arbeit ist die Gleiche, auch der Zugriff ist identisch, sodass es für mich vom Genre her keinen Unterschiede gibt, wie ich an die Sache herangehe.

Das Musical Cabaret hat am 12. November 2016 um 19.30 Uhr am Opernhaus Magdeburg Premiere.