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Sandmännchen Schlafgrüße vom Mond

Das Magdeburger Puppentheater zeigt, wie weit das Sandmännchen schon rumgekommen ist. Eine liebevoll gestaltete Sonderausstellung.

Von Klaus-Peter Voigt 15.11.2016, 23:01

Magdeburg l Im flotten Raumanzug lenkt das Sandmännchen ein Mondfahrzeug von der Landefähre. Als „Reisekader“ durfte der kleine Kerl zu DDR-Zeiten nicht nur viele Länder auf dem Globus entdecken, sondern selbst das Weltall erobern. 1978 trat eine Sandmännchenpuppe an Bord von Sojus 31 mit dem ersten deutschen Kosmonauten Sigmund Jähn ihre Reise an. In der Magdeburger Ausstellung können einige der futuristisch anmutenden Transportmittel im Original bestaunt werden. „Mehr als 100 Quadratmeter Fläche machen es möglich, selbst weitausladende Stücke zu präsentieren“, zeigt sich Kuratorin Katrin Gellrich sichtlich zufrieden.

Fast drei Jahre dauerten die Vorbereitungen für die Exposition. Die Sandmann Trickfilm GmbH Berlin ist Hüter der Schätze, die landauf landab ständig in kleinen Konvoluten ausgeliehen werden. Die Wartezeit habe sich gelohnt, sagt Gellrich. 55 Fahrzeuge, 128 Figuren und ungezählte Ausstattungsstücke seien nun an die Elbe gekommen. Gleich sieben Sandmännchenfiguren mit ihren 24 Zentimetern Größe lassen die Herzen der kleinen und großen Besucher garantiert höherschlagen. Vieles davon hat seinen Platz in den originalen Dekorationen eingenommen, das andere arrangierte Sven Nahrstedt in stimmungsvoller Kulisse.

Auf Augenhöhe erhalte man einen Eindruck davon, mit welcher Akribie einst die Puppen- und Modellbauer arbeiteten. Stimmige Details sorgen bis in die Gegenwart für Bewunderung. Mehrere Generationen von Kindern ließen sich von dem Sandmännchen ins Bett bringen, versuchten die Augen vor dem Schlafsand zu schützen. Seit 1959 flimmert der kleine Kerl im Vorabendprogramm über die Bildschirme, überlebte das Ende des DDR-Fernsehen und avancierte auf Druck der Zuschauer zum gesamtdeutschen Star. Dabei entstand er einst in wenigen Wochen als Gegenstück zu seinem Westkollegen und hatte kurz vor dessen Premiere im Sender Freies Berlin seinen ersten Auftritt am 22. November 1959 kurz vor 19 Uhr. Das bis heute prägende Lied komponierte Wolfgang Richter, Musikredakteur beim DDR-Kinderfernsehen, quasi über Nacht, den Text schrieb Walter Krumbach. Die Puppe mit ihrem Walter-Ulbricht-Bärtchen schuf der Bühnen- und Kostümbildner Gerhard Behrendt.

Weit mehr als 70.000 Mal schickte das Sandmännchen die Kinder ins Bett. Mit seinen Fahrzeugen reiste es zu Land, zu Wasser und in der Luft ins häusliche Wohnzimmer. Gut 400 Trickfiguren-Freunde und 240 Fortbewegungsmittel entstanden.

Oft hatten die Handlungen einen Bezug zu konkreten Orten. Der kleine Kerl besuchte Erfurt, Berlin oder die Ostseeküste, berichtet Katrin Gellrich. 1974 ratterte er mit einer historischen Straßenbahn durch Magdeburg, vorbei am Centrum-Warenhaus durch die damalige Karl-Marx-Straße. In der Ausstellung finden sich weitere Stücke mit Sachsen-Anhalt-Bezug. Da steht ein RS-09-Geräteträger aus Schönebeck en miniature, Lok und Personenwagen der Harzquerbahn gesellen sich dazu, Otto von Guericke und das Rathaus der Landeshauptstadt sind ebenso wie eine Altmärkerin zu sehen.

Die Ausstellung wird am 17. November um 19 Uhr eröffnet. Sie kann mittwochs bis sonntags in der „Villa P“ am Magdeburger Puppentheater jeweils von 11 bis 17 Uhr besucht werden. Der Eintritt kostet: 5 Euro (Erwachsene), 3 Euro (Kinder).