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Städtebundtheater Johannes Rieger bleibt bis 2024 Intendant

Johannes Rieger bleibt bis ins Jahr 2024 Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters. Sein Vertrag wurde einstimmig verlängert.

Von Grit Warnat 15.11.2017, 00:01

Volksstimme: Seit 1. Januar 2009 sind Sie Intendant am Theater. In der Zeit gab es einen großen Kampf um den Erhalt des Hauses. Was hat Sie bewogen, es weitere fünf Jahre zu führen?

Johannes Rieger: Die zurückliegenden Jahre mit den Förderverhandlungen und den Haushalts-konsolidierungen unserer Träger haben nicht nur viel Kraft gekostet, sondern waren auch von Erfolg gekrönt. Ich denke, wir gehen einen guten Weg, den ich fortsetzen will. Ich wünsche mir sehr, dass wir jetzt ein paar Jahre ohne diese Grundsatzfragen arbeiten können.

Sie haben im nächsten Jahr die Theaterverträge mit dem Land schon wieder vor sich. Sind Sie entspannt?

Ich bin entspannter als damals, weil die Intendanten größeren Kontakt zum Ministerium für Kultur haben. Und bisher gab es die Signale, dass die Verträge fortgeführt werden.

Bei den letzten Verhandlungen gab es ja die Fusionsidee mit dem Theater Eisleben.

Das ist zum Glück vom Tisch. Dauerthema war auch die Frage der beiden Orchester im Landkreis. Aber inzwischen wäre eine Zusammenlegung finanziell unattraktiv, weil beide Orchester Personal abgebaut haben. Umso mehr freuen wir uns über gemeinsame Projekte.

Magdeburgs Generalintendantin Karen Stone hat sich bereits mehr finanzielle Unterstützung vom Land gewünscht, um vor allem Tarifsteigerungen abzufedern. Gehen Sie auch mit diesem Wunsch in die Verhandlungen?

Ja, denn wir haben zwei finanzielle Baustellen. In den aktuellen Verträgen ist vereinbart worden, dass die Theater zum 1. Januar 2019 nicht mehr nach Haustarif bezahlen dürfen. Der Einstieg in gültige Tarife für die Mitarbeiter war politisches Ziel. Aber aus eigener Kraft, ohne Finanzhilfe vom Land, wird das nicht zu stemmen sein.

Sie haben jetzt noch einen Haustarifvertrag?

Ja, die Mitarbeiter haben einen Stufentarif, der den Verzicht von Jahr zu Jahr etwas minimiert. Wir sind mit zehn Prozent Abstand zum Tarif gestartet und liegen 2018 bei 2 Prozent. Dann wird es aber schon wieder eine normale Tariferhöhung geben. Die damals vereinbarte Dynamisierung zum Auffangen von solche Tarifsteigerungen reicht da nicht aus.

Mit welcher finanziellen Größenordnung rechnen Sie?

Ich denke, wir werden auf eine Mehrbelastung von mindestens 200.000 Euro im Jahr kommen.

 

Und die zweite Finanz-Baustelle?

Wir bekommen seit 2013 keine Investmittel, davor gab es einen festen Betrag. Seit fünf Jahren leben wir baulich gesehen von der Substanz. Für das Abschleifen des Bühnenbodens brauchen wir schon ein Sponsoring. Ich will gar nicht vom Brandschutz reden. Bei den Investitionen darf weiterhin keine Null stehen. Wir können nicht drei alte Immobilien zehn Jahre auf Verschleiß fahren.

Als es in den Haushalten der kommunalen Träger, also der Städte Halberstadt und Quedlinburg sowie des Landkreises, knapp zuging, wurde das Haus infrage gestellt. Hat sich seitdem das Bewusstsein für das Theater verändert?

Das bürgerschaftliche Engagement hat uns damals getragen und am Leben gehalten. Seitdem sind die Halberstadter und Quedlinburger noch näher an uns gerückt. Und wir sind stärker in die Region gegangen, bespielen Blankenburg, Westerburg, Hedersleben, Ilsenburg und viele andere Orte. Heute sind wir in der Region viel stärker verwurzelt. Und wir haben immer das Gefühl, dort willkommen zu sein.

Wie viele Besucher hatten Sie in der vergangenen Spielzeit?

Wir liegen knapp unter 100  000, davon 25  000 Kinder und Jugendliche. Die Zahlen sind stabil.

Sie haben den Mut, weniger bekannte Opern wie Händels „Arminio“, Tschaikowskis „Eugen Onegin“ und Mozarts „Idomeneo“ auf den Spielplan zu setzen. Wie groß ist der Spagat zwischen Anspruch und Publikumsinteresse?

Solche Produktionen sind immer ein Wagnis und wir überlegen lange. Aber wir haben auch dort eine gute Auslastung, weil das Publikum neugierig ist. Und selbst wenn die Besucherzahlen nicht so hoch sind wie bei einer „Zauberflöte“, sind diese Inszenierungen wirtschaftlich vertretbar. Wir verkaufen „Idomeneo“ als Gastspiel wesentlich besser als eine vielgespielte Oper, die gleich von mehreren Häusern angeboten wird. Möglich sind solche Produktionen nur durch unser starkes Musiktheaterensemble, das mit anspruchsvollen Inszenierungen auch gepflegt und weiterentwickelt werden will. Wir müssen uns vor großen Häusern nicht verstecken.

Sie sind Intendant bis 2024. Wo wird das Haus dann stehen?

Wir müssen darauf achten, dass wir keine kollektive Alterung haben. Wir sind schon mitten im Generationswechsel und spüren, wie wichtig neue Impulse von jungen Mitarbeitern sind. Die gute Mischung macht ein gutes Team aus. Daran werden wir in den nächsten Jahren arbeiten.

Und was wollen Sie künstlerisch stemmen?

Ich mute dem Haus nicht den „Ring“ zu, aber wir werden wieder über eine Wagner-Oper nachdenken. Wir sind ja ein Theater mit drei starken Sparten, das ermöglicht uns auch übergreifende Projekte wie etwa „Mutter Courage“ in der nächsten Saison. Wir wollen einen Wow-Effekt, und freuen uns, wenn Besucher und andere Theater anerkennend sagen: Mensch, das trauen die sich! Solche Duftmarken wollen wir weiterhin setzen.