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Telemann Der Körper als Instrument

Einer der Höhepunkte im Telemannjahr 2017 ist der Wettbewerb zu Ehren des Barockkomponisten. Am Mittwoch begann die zweite Runde.

Von Grit Warnat 16.03.2017, 00:01

Magdeburg l Beifall gibt es für Masanori Hatsuse, als er am Mittwochnachmittag den Schinkelsaal des Gesellschaftshauses Magdeburg betritt. Der Tenor aus Japan, der seit einigen Jahren schon Gast an Staatstheatern und Opernhäusern im norddeutschen Raum ist, läutet die zweite Wettbewerbsrunde ein. Neun Sängerinnen und Sänger werden sich an diesem Tag noch der Jury präsentieren. Am Donnerstag folgen weitere sechs Sänger. Jeder hat 20 Minuten Zeit für seinen Vortrag, jeder singt Kantaten aus dem „Harmonischen Gottesdienst“ und Auszüge aus den „24 theils ernsthaften, theils scherzenden Oden“. Begleitet werden die Teilnehmer von einem Cembalisten und einem Violinisten, was den kammermusikalischen Charakter unterstreicht.

Ganz hinten im Saal sind die Plätze für die Jury. Deren Vorsitz trägt in diesem Jahr David Stern. Der gebürtige New Yorker ist Telemann-Freunden bekannt. Er eröffnete schon einmal am Dirigentenpult der Magdeburgischen Philharmonie die Telemann-Festtage, er leitete musikalisch auch die Operninszenierungen „Damon“ (2016) und „Orpheus und Die wunderbare Beständigkeit der Liebe“ (2010). Dirigieren ist seine große Leidenschaft, ein Jury-Vorsitz für ihn hingegen Neuland. Seit vergangenen Sonnabend bewertet er mit vier Gesangsexperten die Wettbewerbsteilnehmer. Arbeit? Nicht nur. Er nennt es auch einen Genuss für sich selbst, eine ganze Woche lang Telemannsches Repertoire zu entdecken. Zudem schätzt er sehr, wie er im Pausen-Gespräch mit der Volksstimme sagt, jungen Sängern zuhören, sie unterstützen zu können. Die Arbeit mit jungen Menschen sei Teil seiner täglichen Arbeit – überall auf der Welt zwischen Deutschland, Frankreich, China und Amerika.

Er hätte ein gutes Händchen auch jenen gegenüber, die den Wettbewerb schon verlassen mussten, Positives mit auf den Weg zu geben, hört man vor der Tür. Ein Gesangswettbewerb sei besonders schwer, sagt Stern, da das Instrument eines Sängers sein Körper sei. Der müsse perfekt funktionieren. Und für Stern ist es wichtig, dass der Kopf des Sängers arbeite, dass er die Musik des Barockkomponisten selbst interpretiere. „Telemann war sehr ausdrucksvoll. Telemann war sehr lustig. Der Sänger muss seine Musik leben können“, sagt er.

Am heutigen Nachmittag werden die Finalisten verkündet. Sie sind erneut am Sonnabend gefordert. Um 11 Uhr beginnt die Finalrunde, die vom Leipziger Barockorchester begleitet wird. Das renommierte Ensemble tritt auch am Sonntag auf, wenn die Preisträger musizieren und Ausschnitte aus ihrem Wettbewerbsrepertoire vorstellen.